Kolumne: Intra Logistik
Chuck Norris lebt nicht am Maschsee
Es ist erstaunlich, wie man dereinst prosperierende Pflichtveranstaltungen zur Bedeutungslosigkeit runteroptimieren kann. Ich rede jetzt nicht vom Materialfluss-Kongress des VDI (für die Jüngeren: Das ist der „Verein Deutscher Ingenieure“, in dem seit Achtzehnhundertirgendwann ältere Herren Normenheftchen schreiben), der neulich an der TU in Garching stattgefunden hat – quasi unter Ausschluss der Öffentlichkeit.
Wissenschaftler und Technik-Anbieter haben sich gegenseitig die Welt erklärt, Anwender waren so gut wie keine da – und zu meiner Überraschung auch kaum Studenten. Der Themenmix des Kongresses war gelungen, und in der Eröffnungssequenz fand ein Unternehmer aus Beckum mitreißende Worte, die Publikum verdient hätten. Währenddessen wollten sich die Aussteller, die den Spaß ja finanzieren, aus Mitleid schon gegenseitig was abkaufen. Ohne breite Werbung für diese Veranstaltung werden bald nur noch ein paar ältere Herrschaften nach Garching reisen, um sich von früher zu erzählen.
Kommen wir lieber zu den absolut Schmerzfreien der Branche: Die Chuck Norrisse der Intralogistik sitzen in Hannover und hatten, wahrscheinlich als sie gerade Bienen kauten, die grandiose Idee, jetzt die Marke „Hannover Messe“ mit Logistik aufzuladen und mit dem Dreiklang „Industry, Energy, Logistics“ neu zu strukturieren, nachdem sie die einst stolze Marke CeMAT am tiefsten Punkt des Maschsees versenkt hatten. Logistik und Hannover? Das passt derzeit zusammen wie Gummistiefel und Opernball: Man muss sich zumindest dafür rechtfertigen. Jungheinrichs Finanzvorstand Volker Hues tat dies jüngst bei der Bilanzpressekonferenz des Unternehmens: „Das EBIT ist immerhin mit sechs Prozent gewachsen. Warum immerhin? Wenn man sich überlegt, dass wir deutlich höhere Rohstoffpreise verkraftet haben im vergangenen Jahr, die große Branchenleitmesse CeMAT sowie Lieferengpässe verkraftet haben in der Produktion mit deutlichen Preiserhöhungen ist der EBIT-Anstieg auf 275 Millionen Euro außerordentlich erfreulich.“ „CeMAT verkraftet“: Das Bekenntnis in eine nutzenbringende Investition sieht anders aus.
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Bevor ihr in Hannover vor lauter Strukturierungsfreude aus Versehen die Hannover Messe mit der CeMAT in die Cebit integriert, habe ich eine Bitte: Macht weiterhin eine bunte Hannover Messe, seid der internationale Nabel der Industrie. Treibt meinetwegen jedes Jahr eine neue Sau durchs Dorf, nennt sie smart, sustainable, digital, vernetzt, 5G oder 4.0, das gehört zum Business. Nehmt aktuelle Trends auf, treibt sie voran, macht was draus. Bei einer guten Messe kommen die Logistiker von alleine – sie kommen nicht, wenn zwar Logistik draufsteht, aber nur ein versprenkelter Haufen in einem Ecklein steht. Und lasst uns eines klarstellen: Ihr seid nicht Chuck Norris. Denn als der gestorben ist, ging es ihm eine Stunde später gleich wieder besser.
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