Neuer Standort geplant
Westfalia stellt Weichen für die Zukunft
Der coronabedingten Pandemie zum Trotz platzt die Fertigung des Intralogistik-Spezialisten Westfalia Logistics Solutions Europe GmbH & Co. KG am Standort in Borgholzhausen derzeit aus allen Nähten. Zum 1. Januar 2023 wird er daher vollständig aus der Industriestraße in das interkommunale Industrie- und Gewerbegebiet Borgholzhausen/Versmold (IBV) umsiedeln. Am Stammsitz arbeiten derzeit rund 160 Mitarbeiter.
Bis die Fertigung auf 10.000 Quadratmeter Realität ist, heißt es, zu überbrücken und auf derzeit 6.000 Quadratmeter etliche große Projekte abzuwickeln. Dazu greift Werksleiter Christian Schlief auch zu einem ungewöhnlichen Mittel – er hat ein Loch in die Fassade der Produktionshalle geschnitten. „Nur so bekomme ich gerade parallel die vielen Aufträge, unter anderem von fast 40 Meter langen Regalbediengeräten, gefertigt“, so der Diplom-Ingenieur. In den vergangenen fünf Jahren erkennt das Unternehmen einen eindeutigen Trend zu höheren Regalbediengeräten, die die Regalstellplätze anfahren und Hunderte von Paletten pro Stunde automatisch ein- und auslagern. „40 Meter sind nichts Ungewöhnliches, sondern gehören mittlerweile zum Standard“, ergänzt Christian Schlief.
Eines habe die Corona-Pandemie deutlich gemacht: Westfalia ist in einer Zukunftsbranche unterwegs. „Die Preise für Logistikdienstleistungen und Transport gehen gerade durch die Decke“, umreißt Andreas Gartemann, geschäftsführender Gesellschafter von Westfalia, die Marktlage. So ist von April bis November 2020 der Seefrachtpreis für 20-Fuß-Standard-Container laut Shanghai Containerized Freight Index (SCFI) um 127 Prozent gewachsen, der World Container Index (WCI) verzeichnet für 40-Fuß-Container eine Steigerung von bis zu 198 Prozent. „Zudem ist die Just-in-time-Verfügbarkeit von Produkten zurzeit nicht mehr selbstverständlich“, ergänzt Gartemann. So werden Lagerflächen zunehmend knapper und folglich teurer. Das spiele dem Borgholzhausener Unternehmen in die Karten, setze Westfalia doch auf besonders kompakte und damit effiziente Lagersysteme.
Planungssicherheit bis 2022
Wenig verwunderlich also, dass das Unternehmen aktuell auf gut gefüllte Auftragsbücher schauen kann, die es auslasten und Planungssicherheit bis weit ins Jahr 2022 schaffen. Herausfordernd dabei seien allerdings die teilweise ehrgeizig geplanten Terminwünsche der Kunden, sowie plötzlich eintretende terminliche Veränderungen. „Wir sind schließlich nicht allein auf der Baustelle und müssen oftmals auf bauseitige Terminverschiebungen flexibel reagieren. Es ist also mehr Pufferkapazität im Werk nötig, um mit solchen Änderungen im Projektgeschäft umgehen zu können“, so Werksleiter Christian Schlief. Noch ein Grund mehr, die Expansionspläne im von Unsicherheit geprägten Corona-Jahr 2020 eben nicht auf Eis zu legen, sondern sogar noch zu beschleunigen.
Nach dem Kauf von sieben Hektar im Jahr 2019 erwarben die Gesellschafter der Westfalia-Gruppe, Andreas Gartemann und Siegbert Wortmann, im vergangenen Jahr direkt an der A33-Auffahrt Richtung Osnabrück noch einmal knapp zwei Hektar für künftige Erweiterungsoptionen. 2010 war Siegbert Wortmann, Gründer und Vorstandsvorsitzender des IT-Unternehmens Wortmann AG aus Hüllhorst, mehrheitlich in die Westfalia-Gruppe eingestiegen und führte das Traditionsunternehmen gemeinsam mit Andreas Gartemann und Matthias Upmeyer anschließend zu alter wirtschaftlicher Stärke zurück.
Neuer Firmenstandort am Teuto 1
Zum 1. Januar 2023 wird der Intralogistik-Spezialist nun vollständig aus der Industriestraße in das Interkommunale Gewerbegebiet Borgholzhausen/ Versmold (IBV) umsiedeln. Ursprünglich waren zwei Bauabschnitte geplant, wobei zunächst nur die Fertigung an den neuen Standort Am Teuto 1 verlagert werden sollte. Diese Planung wurde unter anderem wegen der Pandemie nochmals grundlegend überdacht, so dass gleichzeitig auch ein neues Verwaltungs- und Bürogebäude im IBV errichtet wird.
„Corona hat uns allen gezeigt, wie sich die Arbeitswelt verändern wird. Mobiles Arbeiten oder das Home-Office werden zu einem gewissen Teil sicher bleiben. Wir nehmen bei unseren Mitarbeitern aber ganz stark auch den Wunsch nach dem persönlichen Kontakt wahr. Telefon, Messenger-Dienste oder Video-Telefonie sind eben doch kein vollständiger Ersatz“, führt Andreas Gartemann die Gründe für die Zusammenlegung der Bauabschnitte an. Außerdem zieht der passionierte Volleyballtrainer für das Westfalia-Team einen sportlichen Vergleich: „Unser Projektgeschäft gleicht einem Zehnkampf, der viele verschiedene Disziplinen miteinander vereint. Für die enge Verzahnung der Abteilungen und unserem Anspruch an das perfekte Logistikprojekt für unsere Kunden wäre eine räumliche Trennung schlichtweg nicht ideal gewesen.“
Energiesparender Gebäudekomplex
Büro und Verwaltung werden am neuen Standort von rund 3.000 auf 5000 Quadratmeter vergrößert, Produktion und Lager von rund 6.000 auf 10.000 Quadratmeter. Die Abläufe im Werk werden mit dem Neubau deutlich optimiert. Auch wird Westfalia zukünftig mit einem zweispurigen Teststand nicht nur die doppelte Testkapazität zur Verfügung stehen, sondern auch die wegen der Unplanbarkeit im Projektgeschäft notwendigen Pufferzonen für fertige RBG. Der geplante Gebäudekomplex mit circa 140 mal 66 Meter wird in energiesparender Bauweise errichtet. Geheizt wird mit einer umweltschonenden Luftwärmepumpe. Die Dächer des Gebäudes und der teilweise überdachten Parkplätze werden mit Photovoltaikanlagen ausgestattet.
50-jähriges Jubiläum
So hat die Westfalia-Gruppe zu Beginn des Jahres gleich doppelten Grund zu feiern. „Neben dem bevorstehenden Baubeginn feiern wir am 18. Februar unser 50. Firmenjubiläum. Wir freuen uns, mit dem Neubau auch weiterhin ein klares Bekenntnis zum Standort Borgholzhausen abzugeben“, so Gartemann. „Dank der Wortmann-Gruppe und der Unterstützung der Städte Versmold und Borgholzhausen können wir in wirtschaftlich zentraler Lage weiter erfolgreich und kontinuierlich mit unseren derzeit knapp 250 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern europaweit wachsen. Wir sind mit einem Jahresumsatz von mehr als 40 Millionen Euro sehr stabil durch das für viele Unternehmen schwierige Wirtschaftsjahr 2020 gegangen.“