9.030 Palettenstellplätze

Daniel Schilling,

Automatisches Lagersystem für Nudelproduktion

Westfalia automatisierte 9.030 Palettenstellplätze für den Lebensmittelhersteller Spaichinger Nudelmacher und konnte damit den Platzverbrauch deutlich reduzieren.

Fördertechnik versorgt per Winkelumsetzer die zwei Regalbediengeräte des mehrfachtiefen Lagers. © Westfalia

Seit 1853 produziert die heutige Spaichinger Nudelmacher ihre Teigwaren: 70 Tonnen pro Tag, 22.000 Tonnen pro Jahr in inzwischen weit über 300 Ausformungen aus verschiedensten Rohstoffen. Die bisherige, mit Staplern bediente Lagerfläche von rund 4.000 Quadratmetern ersetzte Westfalia daher durch ein automatisches Lagersystem für 9.030 Paletten auf gerade einmal 1.800 m² Grundfläche. Bisher lagerten bis zu 4.500 Paletten in Bocklagern, die das Spaichinger-Team mit Gabelstaplern bediente. Nur Rohstoffe und spezielle Verpackungsmittel, die nicht ins Hochregallager (HRL) passen, werden noch im Bestand gelagert. Die aktuelle Lagerfläche wird perspektivisch komplett zur Produktionshalle umgebaut.

Das neue Lagersystem ging im Frühjahr 2023 in Betrieb und ist an den Werksverkauf sowie den Versand angebunden. Beide wurden im Zuge des Neubaus ebenfalls vergrößert. Das vollautomatische, ressourcenschonende Satellitenlager in selbsttragender Silobauweise ist für den Brandschutz inertisiert, das heißt sauerstoffreduziert. Es vermindert über luftdichte Schleusen den Sauerstoffaustausch und hält energetisch den Stand. Und es folgt der nachhaltigen Unternehmensmodernisierung: Bereits 2011 nahm Spaichinger Nudelmacher ihre neuen, hochmodernen Produktionsanlagen mit Wärmerückgewinnung in Betrieb. Das Werk gehört damit zu den modernsten Nudelfabriken Europas – jetzt auch lagerseitig.

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Nachhaltige Kapazität auf minimaler Fläche

Als Generalunternehmer hat der Intralogistik-Spezialist Westfalia zum künftigen Lagerlayout beraten, es Anfang 2021 konzipiert. Und es ab März 2022 mit eigenen Schlüsseltechnologien und aus eigener Fertigung umgesetzt. "Wir liefern als Generalunternehmer und Fertigungsunternehmen das Hochregallager, Regalbediengeräte sowie die Fördertechnik inklusive Steuerungsanlagen und inklusive unseres Warehouse Execution Systems Savanna-Net. Auch Regalstahlbau und Gefällerollenbahnen waren Teil des Lieferumfangs", sagt Frank Ratert, zuständiger Projektmanager bei Westfalia. Das Normaltemperaturlager wird bei 5 bis 20 Grad Celsius betrieben.

Die kompakte mehrfachtiefe Lagerung im künftigen automatischen Hochregallager ermöglicht maximale Kapazität auf minimalem Raum sowie einen energiesparenden Durchsatz von rund 80 Ladeeinheiten pro Stunde im Zwei- bis Dreischichtbetrieb. Das Lagersystem entstand auf einer benachbarten Bestandsfläche des Stammsitzes.

Begrenzt ist das Grundstück durch eine langgezogene Kurve. Das neue, zweigassige Kompaktlager ist 73 Meter lang, 25 Meter breit und 27 Meter hoch. Das Westfalia-Projektteam passte es optimal in die zur Verfügung stehende Fläche ein: "Das Lager wurde dazu 4,60 Meter tief in die Erde gesetzt und kann gegebenenfalls später in Längsrichtung erweitert werden", so Projektmanager Ratert.

Wenige Regalbediengeräte bei maximaler Effizienz

Das neue automatisierte Hochregallager kommt mit gerade einmal zwei Gassen für je ein 25 Meter hohes Regalbediengerät (RBG) mit dem Lastaufnahmemittel (LAM) Hub-Satellit samt Kettenförderer aus. Für den Betreiber bedeutet das durch weniger RBGs einen geringeren Wartungsaufwand und Energieverbrauch.

„S-Bahn“ für Ladeeinheiten: 80 Meter überspannt die Transportbrücke – hier ein Teil der Strecke Richtung Produktion. © Westfalia

Dazu trägt auch die Software bei, die die Förder- und Lagertechnik optimal steuert. Mit dem Warehouse Execution System Savanna-Net integriert Westfalia seine eigene Lösung, die alle Funktionen für die Lagerverwaltung und Materialflusssteuerung vereint. In einer einzigen Instanz, auf einer intuitiven Bedienoberfläche. Das vermeidet auch hier zusätzlichen Wartungsaufwand durch weniger Schnittstellen im Vergleich zu Einzelsoftwares für Warehouse Management und Warehouse Controlling. Modular ist das System auf jeden Komplexitätsgrad skalierbar und schafft vollständige Datentransparenz für eine optimale Lagerverwaltung. Angebunden ist es in diesem Fall an das ERP-System GUS.

Die Satelliten-Technologie ermöglicht besonders tiefe Lagerkanäle und eine hohe Lagerdichte. Das LAM löst sich vom Regalbediengerät, unterfährt Ladeeinheiten in den Lagerkanälen und lagert sie dort ein und aus. Die Paletten werden auf drei parallelen Profilen abgesetzt, um die Ladeeinheiten optimal zu unterstützen.

Für flexible Ladungsträger und schwere Lasten

Die Hub-Satelliten sind für besonders schwere Lasten ausgelegt. Die RBG leisten 49 Paletten pro Stunde im Einzelspiel und 55 Paletten pro Stunde im Doppelspiel (kombinierte Ein- und Auslagerungen). Auf 10 Ebenen lagern Waren auf Europaletten, Industriepaletten, Kunststoffpaletten, Einwegpaletten mit einer Mindestkufenbreite von 100 Millimetern, Sonderformate und Big Bags. Die Ladeeinheiten sind in der Regel 250 bis 350 Kilogramm schwer. Regale und System sind aber auch für Schwerlasteinheiten von 900 bis 1.250 Kilogramm ausgelegt. Für diese schwersten Einheiten ist die Hochregal-Ebene 5 reserviert.

"Eine besondere Anforderung war, die bestehende Produktion und das neue Hochregallager mit einer bauseitig neu errichteten Fördertechnikbrücke zu verbinden", sagt Frank Ratert. "Das lösen wir mit einem Querverschiebewagen (QVW) aus eigener Fertigung. Dieser transportiert Ladeeinheiten mit einer Fahrgeschwindigkeit von bis zu 200 Metern pro Minute über 80 Meter zwischen Produktion, Lager und Versand bzw. Werksverkauf. Die Förderbrücke spannt sich zwischen Werk und Lager über die Lkw-Umfahrung des Hochregallagers."

Auf Produktionsseite werden Ladeeinheiten aufgegeben oder für die Produktionsversorgung abgenommen – noch manuell, künftig durch Fahrerlose Transportsysteme (FTS). Ein Senkrechtförderer mit Rollenbahn transportiert die Ladeeinheiten zwischen Boden und Podest zur Förderbrücke, übergibt oder übernimmt sie dort von dem Querverschiebewagen.

Mit einer Leistung von etwa 80 Ladeeinheiten pro Stunde hat dieser QVW viele Aufgaben zu bewältigen. Ratert: "Er transportiert Ladeeinheiten aus der Versandzone und Labore ins System, bringt Frischware und Paletten zum Versand, übernimmt die Abnahme und Versorgung des Hochregallagers und versorgt die Produktion mit Rohstoffen."

Auf Höhe der Förderbrücke werden die Ladeeinheiten vom QVW über Fördertechnik, die auf einer Fördertechnikbühne im Hochregallager verläuft, an die Regalbediengeräte verteilt oder abgenommen. Aber auch der Versand und die Labore für externe Rohware, wie Gluten, sind über einen Tunnel an die Förderbrücke angebunden. Zwei Senkrechtförderer mit Rollenbahn und Rollenketten-Stauförderer versorgen dort den QVW der Förderbrücke oder nehmen ihm die Ladeeinheiten ab. Die Rohware wird bei Anlieferung im Labor geprüft und kann dann direkt zur Produktion transportiert oder im Hochregallager zwischengelagert werden.

Mehr Raum und Nachhaltigkeit

"Die Implementierung einer automatischen Hochregalanlage hat unsere Lagerkapazität signifikant erhöht und gleichzeitig Raum für neue Produktionsanlagen geschaffen", betont Maximilian Seeburger, Assistent der Geschäftsführung. "Das Hochregallager ist ein erster Schritt in Richtung der Modernisierung unserer Versandabläufe. Es bietet uns außerdem viele Möglichkeiten bei der Verbesserung unserer Materialflüsse. Durch die freiwerdende Lagerhalle haben wir die Möglichkeit, unsere Produktion in direkter Nähe zu den bestehenden Anlagen zu erweitern. So sparen wir einiges an peripherem und organisatorischem Aufwand, den wir mit einem ‚Werk 2‘ gehabt hätten. Darüber hinaus soll das neue Hochregallager perspektivisch auch als Zentrallager für die Alb-Gold-Gruppe eingesetzt werden."

Auch in Sachen Nachhaltigkeit sei das Westfalia-System ein wichtiger Schritt in der Unternehmensentwicklung, so Seeburger: "Das Lagersystem ist mit energieeffizienten Technologien ausgestattet, um den Energieverbrauch zu minimieren. Das Dach des Neubaus wurde bereits mit einer Photovoltaik-Anlage ausgestattet. Durch die verbesserte Lagerorganisation und die automatisierten Prozesse verringern wir zudem Abfall und optimieren die Nutzung von Verpackungsmaterialien."

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