Logistik-Immobilien: Markttrends für 2019

„Von der Big Box zur Intelligent Box“

Nach dem Rekordjahr 2018 blicken Logistikimmobilien-Experten verhalten optimistisch auf das Jahr 2019. Der Bedarf an Lagerflächen in den Top-Logistikregionen sowie an City-Logistik-Lösungen bleibt hoch. Wirtschaftliche und politische Unsicherheit, der Mangel an Grundstücken und Arbeitskräften sind die Haupthemmnisse.

Modern und funktionell: Logistikimmobilien wie diese von pfenning logistics in Deutschland. © pfenning logistics

Für den deutschen Logistikimmobilienmarkt war 2018 außerordentlich erfolgreich. Nach dem bisherigen Rekordjahr 2017 blieb die Dynamik bei Verkäufen und Transaktionen im Ergebnis konstant hoch und wäre bei einer größeren Verfügbarkeit von Objekten auch noch weitaus höher ausgefallen, schätzen die Experten des Beratungsunternehmens Logivest. Die anhaltende Nachfrage spiegelt auch das von Logivest aufgezeichnete Gesamtneubauvolumen wider: Nach rund 3,9 Mio. m2 Neubaufläche im ­Vorjahr, verzeichnet der Logistikim-mobilien-Seismograph für 2018 rund 4,4 Mio. m2. „Hintergrund für diesen neuen Rekordwert ist der Baustart zahlreicher angekündigter Projektentwicklungen. Für 2019 bedeutet dies jedoch, dass die Zahl der projektierten Neubauvorhaben entsprechend niedriger ausfällt“, prognostiziert Kuno Neumeier, Geschäftsführer von Logivest.

Tempo sinkt ­– Nachfrage bleibt
Dr. Christian Kille, Professor für Handelslogistik an der Hochschule Würzburg, rechnet mit einer Verlangsamung des Tempos in der Logistikwirtschaft allgemein: „Der Boom der Logistik wird in 2019 zu Ende sein, es wird nur noch ein moderates Wachstum von 1,7% des gesamten Wirtschaftsbereichs erwartet.“ Dies werde sich auf die Logistikimmobilien auswirken: „Mittelfristig wird auch die Nachfrage nach den ‚Standardkisten‘ zurückgehen“, so Kille. Doch sind sich die Experten einig, dass die Haupttreiber für Logistikimmobilienneubauten – unter der Voraussetzung stabiler politischer Verhältnisse – auch in 2019 für hohe Nachfrage sorgen werden. Dies sind vor allem der E-Commerce und Lösungen für die ­urbane Logistik sowie die Auto­mobilbranche. „Für den Onlinehandel ist von einem weiteren Wachstum auszugehen: Durch die anhaltende Nachfrage von Konsumenten nach Lieferkonzepten wie Same-Day-Delivery werden Logistikimmobilien in Stadt­nähe weiterhin stark nachgefragt werden. Auch gehen im neuen Jahr erste konkrete Projekte für urbane Logistikimmobilien in die Entwicklungsphase“, so Neumeier und fährt fort: „Ob hingegen die Nachfrage der deutschen Automobilbranche nach Logistikimmobilien anhält, hängt sowohl von den Entwicklungen der globalen Handelsbeziehungen als auch von dem Ausgang der aktuellen Dieseldebatte ab.“ Von zunehmender Bedeutung werde, vor allem für Logistikimmobilien in der City, die Integration in das Stadtbild sein, so Prof. Kille. Damit werde nicht nur die Architektur der Logistikimmobilie weitaus wichtiger, sondern auch die Integration in ein Gesamtkonzept bestehend aus Verkehrskonzept, Handel, Industrie, Wohnen, Büro et cetera. „Die Logistik im urbanen Raum sollte als integraler Bestandteil verstanden werden, der mit den anderen Immobilien und dem Umfeld harmonieren muss.“

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Dies fordert auch Matthias Schadler, Geschäftsführer pfenning logistics: „Logistikimmobilien müssen mehr denn je in die Landschaft passen. Dazu zählt nicht nur eine ansprechende ­Architektur, die sich organisch in die Natur fügt. Es geht auch um ein Immobilienkonzept, das Platz lässt für flexible Nutzungsformen und damit auch nach 20 Jahren eine problemlose Nachnutzung ermöglicht.“

Zu wenig Arbeitskräfte und Flächen
Für Logistikdienstleister sind der Mangel an geeigneten Flächen für Logistikstandorte sowie der damit einhergehende Fachkräftemangel wesentliche Limitierungen in 2019. So sagt Dr. Claus-Peter Amberger, Vorstand der Loxxess AG: „Für den Bereich E-Commerce, auf den wir bei Loxxess unter anderem spezialisiert sind, sehen wir weiteres Wachstum, nur im schlimmsten Fall eine Stagnation. Eine echte ­Herausforderung ist für uns vor allem der Mangel an Fachkräften. Deshalb wird die Automatisierung oder Teilautomatisierung von Prozessen für uns immer wichtiger.“ Matthias Schadler schätzt die Lage folgendermaßen ein: „Nicht nur Flächen in urbanen, verkehrsgünstigen Lagen werden in Deutschland knapp. Auch qualifizierte Fachkräfte sind vielerorts Mangelware. Die erfolgreiche Projektentwicklung wird damit mehr und mehr zur Standortfrage.“

Ebenfalls innovativ: diese Logistikimmobilie von Loxxess in der tschechischen Republik. © Loxxess

Aufgrund des Mangels an geeigneten Flächen würden sich mehrgeschossige Logistikimmobilien, wie sie etwa der Projektentwickler Four Parx für mehrere Metropolen angekündigt hat, als Trend etablieren. Dies schätzt Frank Weber, Head of Industrial Agency Germany Jones Lang LaSalle SE, besonders für Standorten mit hohen Grundstückspreisen. Außerdem werde die Brownfield-Entwicklung angesichts des knapper werdenden Grundstücksangebots sowohl kommunalpolitisch als auch für Projektentwickler und infolgedessen Nutzer weiter an Bedeutung gewinnen.

Den Zusammenhang zwischen Flächen- und Arbeitskräfteverfügbarkeit untersucht erstmals die dritte von der Initiative Logistikimmobilien (Logix) initiierte Studie, die im Oktober 2018 vorgestellt wurde. Die Ergebnisse bestätigen für die Logistikregionen Deutschlands den eklatanten Mangel in beiden Bereichen. Ein Lösungsweg liegt für die Autoren Uwe Veres-Homm, Fraunhofer Arbeitsgruppe SCS und Dr. Alexander Nehm, Logivest Concept, in stärkerer regionaler Zusammenarbeit der Kommunen (s. Kasten).Dr. Malte-Maria Münchow, Sprecher der Logix Initiative, kommentiert die Ergebnisse so: „Die Studie ist im Ergebnis überraschend und alarmierend zugleich. Wie weit Logistikansiedlungen bereits heute von Flächen- und/oder Arbeitskräftemangel beeinträchtigt werden unterstreicht die Notwendigkeit, dass alle Beteiligten gemeinsam Lösungen entwickeln. Vor dem Hintergrund des weiterhin sehr hohen Bedarfs an neuen Logistikflächen sind vor allem Städte und Kommunen gefordert, neue Flächen auszuweisen und hierbei über den eigenen Tellerrand hieraus zusammen zu arbeiten.“

Automatisierung könnte Abhilfe schaffen
Die Fortschritte in der Automatisierungs- und Robotertechnologie gelten für viele Logistikexperten als ein möglicher Ausweg aus dem Fachkräftemangel. Frank Weber: „Durch die Schwierigkeiten bei der Personalbeschaffung werden Nutzer verstärkt in die Automatisierung investieren. Dies bietet auch Produktionsgewinne bei standardisierten Abläufen.“ Matthias Schadler sieht das ähnlich: „Die Robotik in der Intralogistik wird es möglich machen, den umbauten Raum bis zum letzten Kubikzentimeter zu nutzen und gleichzeitig die Durchlauf­geschwindigkeit zu erhöhen.“ Berater Neumeier sieht einen Vorteil der Automatisierungstechnologie in ihrer Anpassungsfähigkeit: „Eine automatisierte und vernetzte Supply Chain ermöglicht Intralogistikern ihren Materialfluss zu optimieren und durch effizientere, innerbetriebliche Prozesse wettbewerbsfähig zu bleiben. Die Drittverwendungsfähigkeit bleibt auch dann bestehen, wenn eine Automatisierungs- oder Robotik-Lösung integriert und bei Bedarf wieder ausgebaut werden kann.“Und die wird immer leistungsfähiger und auch kostengünstiger. Damit werden automatisierte Intralogistiklösungen für Logistikdienstleister immer interessanter. Loxxess-Vorstand Amberger erläutert: „Tendenziell passt sich die Automatisierung der Hülle an, wie etwa die Fahrerlosen Transportsysteme. Damit sind die Investitionen weniger langfristig und nicht unbedingt an einen Standort gebunden. Parallel dazu werden stationär gebundene Systeme günstiger und bieten mit ihren Shuttles schnelle Zugriffszeiten.“ Außerdem seien so keine zusätzlichen Anforderungen an die Immobilie zu stellen. Da die Baukosten steigen, die Rendite sinke und Baukapazitäten kaum verfügbar seien, sei eine hohe Standardisierung beim Bau erforderlich, so Amberger.

Flexible Nutzung entscheidend
Die flexible Nutzbarkeit der Logistik­immobilie ist eine zentrale Anforderung, die immer wichtiger wird. JLL-Experte Weber erläutert: „Die Nutzer aus Industrie, Handel und Logistik setzen verstärkt auf flexible Flächen, um für die steigenden Anforderungen aus dem Online-Geschäft gewappnet zu sein.“ Multiflexible Nutzungsformen wie sie pfenning logistics mit dem Konzept des „Multicube“ (einer der Logix Preisträger von 2013) bereits an zwei Standorten in Deutschland umgesetzt hat, sind eine Antwort auf diese Entwicklung, so Geschäftsführer Schadler: „Heute Pharma, morgen Automotive oder beides zur gleichen Zeit: Dazu braucht es eine anpassungsfähige, hochflexible Lagerarchitektur, moderne Lager- und Sicherheitstechnik und einen Standort, der alles erlaubt. Die Big Box entwickelt sich zur Intelligent Box. Und wird damit zu einem Wett-bewerbsinstrument.“ 2019 ist für die Logistikimmobilienbranche ein spannendes Jahr mit vielen Herausforderungen. Auf der Expo Real, der Internationalen Fachmesse für Immobilien und Investitionen, wird im Oktober in München zudem wieder die herausragende Logistikimmobilien-Entwicklung der vergangenen zwei Jahre mit dem Logix Award der Initiative Logistikimmobilien ausgezeichnet.

3. Logix-Studie

© Logix

Kernaufgabe der neuen Studie der Initiative Logistikimmobilien (Logix) war es, die Unterschiede in den regionalen Flächen- und Arbeitskräftepotentialen für Logistikimmobilien zu analysieren. Die Basis der Untersuchung bildeten dabei die 23 Logistikregionen Deutschlands, die von Fraunhofer SCS identifiziert werden. Anhand von statistischen Kennzahlen und von den Autoren Dr. Alexander Nehm (Logivest Concept) und Uwe Veres-Homm (Fraunhofer SCS) erhobenen Daten wurden die Logistikregionen in neun Cluster eingestuft. Die Ergebnisse zeigen deutlich, wie akut die Knappheit in beiden Bereichen bereits ausgeprägt ist: Keine einzige Logistikregion verfügt demnach gleichzeitig über hohe Flächen- und Arbeitskräftepotentiale. Somit stehen alle bedeutenden Logistikstandorte schon heute vor Herausforderungen und Engpässen.

Zudem fällt ein deutliches Nord-Süd-Gefälle in Bezug auf beide Angebotsfaktoren auf: In Baden-Württemberg und Bayern bzw. den Regionen Donau, München, Nürnberg, Rhein-Neckar, Stuttgart und Schwaben sind bereits heute sowohl massive Probleme bei der ­Flächenverfügbarkeit als auch bei der Gewinnung von Arbeitskräften zu beobachten. Größere Flächen- und Arbeitskräftepotentiale ließen sich hingegen oberhalb des Mains, vor allem im Osten und Nordwesten der Republik ermitteln. So existieren in den Regionen Bremen, Erfurt und Leipzig/Halle in Bezug auf logistikaffine Gewerbeflächen noch die größten Potentiale. Hinsichtlich der Arbeitskräfteverfügbarkeit konnte in Berlin, der Region Niederrhein und im östlichen Ruhrgebiet noch eine relativ gute Situation für die Rekrutierung neuer Lagerfachkräfte abgeleitet werden. Zusammen mit der dort im Mittelfeld eingestuften Flächensituation können diese drei Re­gionen die insgesamt besten Rahmenbedingungen für die weitere Entwicklung vorweisen.

Mit Hamburg und der Rhein-Main-Region wurden zwei der drei wichtigsten Logistikregionen Deutschlands in Bezug auf die Flächenverfügbarkeit kritisch eingestuft, wenngleich das Arbeitskräftepotential hier im Vergleich noch ausreichend erscheint. Die Studie schließt mit konkreten Lösungsansätzen für Städte und Kommunen ab. Dabei wird deutlich, dass vor allem in Bezug auf die gewerbliche Flächenplanung und -erschließung die größten Potentiale vor allem in einer engeren Kooperation der Kommunen untereinander liegen. Zusätzliche Detailergebnisse sowie Erläuterungen zur methodischen Vorgehensweise sind ausführlich in der Studie beschrieben. Sie kann kostenlos unter http://www.logix-award.de heruntergeladen werden, ebenso die 1. und 2. Logix-Studie.

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