FTS im ICE Werk

Ersatzteile autonom ans Gleis

Das ICE Werk München Hauptbahnhof setzt auf eine vollautomatische Intralogistik mit fahrerlosen Transportsystemen (FTS) von InSystems Automation. Das „proANT AGV 576“ wird für den Transport von Gitterboxen und Europaletten zwischen Materiallager und Instandhaltungsebene eingesetzt. ­­Zu den Besonderheiten der Applikation zählen die Einrichtung der intelligenten Parkplatzverwaltung ­„Arrival Selectors“ in den Gleisgassen, sowie die Anbindung an das bestehende Aufzugssystem.

Kurz vor Ankunft bekommt der Transportroboter einen ­Abstellplatz für das Material zugewiesen. © DB Fernverkehr AG, ICE-Werk München

Das Ziel des Projekts: die Belieferung der Instand­haltungsgleise mit Material aus dem Lager durch automatisierte Systeme. Hierfür hat InSystems ein fahrerloses Transportsystem entwickelt, das sich in die komplexe Umgebung des ICE Werks einfügt. Das Unternehmen hat sich vor allem deshalb für das proANT AGV 576 entschieden, weil es nicht mehr genügend Fachkräfte für die innerbetriebliche Materialflussversorgung vorhalten und finden konnte. Die neue Technologie ermöglicht eine vollständig autonome Belieferung der Gleisgassen, unabhängig von zukünftigen Personalfluktuationen. Mitarbeiter, die sich bislang um den Transport gekümmert haben, können für andere wertschöpfende Aufgaben eingesetzt werden. Die im Transportroboter integrierten Lithium-Eisenphosphat LiFeYPo4-Batterien ermöglichen vollaufgeladen einen reibungslosen Einsatz von bis zu sechs Stunden. Das Lithium-Eisenphosphat ist ungiftig und nicht brennbar. Aufgeladen wird das Fahrzeug an einer 50A-Lade­station. Diese verfügt über einen Fahr-Lade-Faktor von fünf - für jede Stunde die der Transportroboter lädt kann er fünf Stunden fahren. Das FTF schafft den Transport über die rund 450 Meter etwa sieben Mal pro Stunde. Hierbei fährt es vollautomatisch mit dem Aufzug aus dem Keller in die Instandhaltungs­ebene, um das Material vom Materiallager an den Zug zu bringen.

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Von der „Ameise“ zum FTF
Das ICE Werk München Hauptbahnhof wurde von 1989 bis 1995 sukzessive in Betrieb genommen. Auf einer Gesamtfläche von rund 36.000 Quadratmeter befinden sich sechs Hallengleise zur Durchführung betriebsnaher Instandhaltungsmaßnahmen an den ICE-Triebzügen. Die Arbeiten können dabei ­ergonomisch auf drei Arbeitsebenen durchgeführt werden. Bislang wurden für den Transport überwiegend Handhubwagen verwendet oder es kamen Gabelhubwagen zum Einsatz, die mit Kraftstoff oder Blei-Säure-Batterien betrieben wurden. Die Distanz zwischen Materiallager und den Materialbahnhöfen am Gleis beträgt zwischen 30 bis 450 Meter.

Orientierung dank „Virtuellem roten Faden“
Das autonome Fahrerlose Transportsystem soll die Intralogistik im Werk optimieren. In einer ersten Konfigurationsphase wird der moderne Gabelhubwagen über einen eingebauten Joystick manuell bewegt. Hierbei werden sämtlichen von den Laser­scannern aufgenommene Distanzprofile aufgezeichnet und mit den Daten aus den Motor-Encodern kombiniert, sodass eine Karte der Umgebung entsteht, welche die Oberflächen der ­um­ge­benen Objekte darstellt.
Auf Grundlage der erstellten Karte beginnt die Einstellung der Fahrwegplanung über eine einfach verwendbare und flexi­ble Visualisierung. Innerhalb der vorab gescannten Karte erhält der Roboter eine virtuelle Linie, der er im späteren Betrieb folgt und nicht verlässt. An definierten Knotenpunkten, so genannten Goals, können verschiedene Aktionsbefehle eingestellt werden, etwa das Absetzen von Ladungsträgern, das Öffnen von Türen oder die Überprüfung des Status einer Kreuzung. Ist der ­Roboter im Betrieb, startet er eine erste Lokalisierung zur ­Bestimmung seiner Position. Hierfür vergleicht er die aus seinen Laserscannern erkannten Entfernungsprofile mit den zusammengehörigen Teilen der Karte. Dieser Lokalisierungsalgorithmus erfolgt in regelmäßigen Abständen während des autonomen Fahrbetriebs, sodass der Roboter seine Position ständig verifiziert und zuverlässig navigieren kann.

Sensoren helfen bei der Platzwahl
Im Materiallager im Keller des ICE Werks wird ein Kommissionierbereich mit fünf Ladungsträgerstellplätzen angelegt und verwaltet. Die Abstellplätze werden durch gelbe Linien am Boden markiert und dienen zur Bereitstellung der Paletten für den Transport und zum Abstellen von Paletten nach dem ­Rücktransport. Die Transportaufträge werden mittels einer ­graphischen Oberfläche erzeugt. In den Gleisgassen auf der Instandhaltungsebene werden ebenfalls jeweils drei Ladungsträgerstellplätze auf fünf Mate­ri­al­-bahnhöfen eingerichtet. Damit der Roboter beim Anliefern von Paletten automatisch erfasst, welcher Platz am Materialbahnhof in der Gleisgasse belegt oder frei ist, ist ein Sensor über jedem Abstellplatz angebracht. Bringt das Fahrzeug eine ­Palette, wird der endgültige Platz im Materialbahnhof erst kurz vor der Ankunft festgelegt. Der Roboter navigiert in der eingelernten Karte auf einen sogenannten „Arrival Selector“, der an jedem Materialbahnhof eingerichtet ist. Dort angekommen, wird im Flottenmanagementserver der Status der Sensoren am Materialbahnhof ausgewertet. Der Roboter legt die Palette auf den ersten freien Platz. Sind alle Ladungsträgerstellplätze belegt, so bleibt das Fahrzeug stehen und meldet einen Fehler, bis ein Platz frei wird.

Gekoppelt: Aufzug und FTS
Auf dem Weg vom Keller zur Instandhaltungsebene muss das Fahrzeug das bestehende Aufzugssystem verwenden. Dazu wurde eine Koppel-SPS im Raum der Aufzugssteuerung als elektrische Schnittstelle zwischen dem FTS und dem Aufzug eingebaut. Die Koppel-SPS empfängt Befehle vom Flotten­managementserver und steuert den Aufzug durch das Setzen gewisser Signale, die wiederum die Taster des Aufzuges ­überbrücken. Zusätzlich wurde am Aufzug eine Lampe ­angebracht, um Mitarbeitern zu verdeutlichen, dass sich ein Fahrzeug im Aufzug befindet. Wird der Aufzug von einem ­Roboter ­reserviert, blinken die Lampen, bis das Fahrzeug den Aufzug wieder verlassen hat. Die Taster für den manuellen Ruf des Aufzugs sind währenddessen gesperrt. Neben dem Transportroboter verkehren auf der ­In­stand­haltungsebene ebenso manuell betriebene Förder­fahrzeuge wie Gabelstapler. Sollte der Fahrweg durch einen Gabelstapler versperrt sein, kann auf dem proANT und im Aufzug über einen Befehlsknopf das Fahrzeug angewiesen ­werden, eine Park­position anzufahren, um den Verkehrsweg zu räumen.

Skalierbare Lösung für dynamische Umgebungen
Der autonom navigierende Transportroboter erledigt den ­Transport der Paletten vollständig autonom, sodass ­keine ­Mitarbeiter für Transportaufgaben eingebunden werden ­müssen. Ein weiterer Vorteil: Das FTF ist ohne Veränderungen in der Infrastruktur installierbar und navigiert in ­einer dynamischen Umgebung. Die Lösung trägt dazu bei, dass Engpässe in der Prozessversorgung minimiert werden, alle ­Materialbewegungen werden protokolliert und der ­Materialfluss somit transparenter. Zudem ist die Flotte der Transport­roboter bei zukünftigen Produktionssteigerungen skalierbar.

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