Intra Logistiks Kolumne (aus materialfluss SPEKTRUM 2019)
Nach Wassermeloni bitte, aber nicht im Panzer!
Lieber Scheuer Andi,
ich schreibe Dir einen Brief, weil ich Dich was fragen will. Und zwar: In Berlin, Düsseldorf, Hamburg, Stuttgart und München sehe ich immer mehr richtig massive Geländewagen rumfahren: Land Rover, Toyota Landcruiser, G-Klasse-Mercedes – mit Schnorchel, Seilwinde, Dachzelt, einer Batterie an Ersatzkanistern auf dem Dach, Sandbleche an der Seite, Klappspaten.
Darin sitzen Männer. Männer mit Schlips und Kragen, bürowettergegerbter Haut, den Blick durch die Hornbrille verwegen auf das Nummernschild ihres Vordermanns gerichtet, zu allem entschlossen, noch gelassen, den letzten Aufenthalt auf dem Campingplatz Klingelwiese im Westerwald in den Gedanken und den verwegenen Geruch von Camping Gas in der Nase. Oder Frauchen. Blonde Mittdreißigerinnen mit Ray-Ban-Pilotenbrille und strengem Pferdeschwanz, der Blick reicht noch über das Lenkrad, die sich streitenden Sören-Lasse und Clara-Louisa auf der Rückbank, gemeinsam auf dem Heimweg von der Schwimmschule Wassermeloni in Steglitz.Wenn ich sowas sehe, lieber Herr Verkehrsminister, dann mache ich mir schon arge Sorgen um unsere Infrastruktur. Sind unsere Straßen tatsächlich in einem solch gruseligem Zustand, dass man es nur noch mit der alleräußersten Survival-Ausstattung zum Waldorfkindergarten Großhadern schafft? Und: Wird der Sprit knapp? Müssen wir vorsorgen und allzeit bereit sein, an Ort und Stelle für längere Zeit zu biwakieren, weil alles zusammenbricht? Gut. In der Kölner Rushhour könnte man auf solche Gedanken kommen. Früher kannte man solche Fahrzeuge nur von todesmutigen Abenteurern, die versucht haben von Paramaribo nach Manaus zu kommen, um dem Rest der Welt davon zu berichten, wie indigene Völker am Amazonas leben, die noch nie einen Weißen gesehen haben.
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Im Ernst: Brauchen wir solche Panzer-Kisten, die wendig wie ein havarierter 40-Fuß-Container sind, auf unseren Straßen? Abgesehen davon, dass sie Verkehrshindernisse darstellen, hinterlassen sie einen CO2-Fußabdruck wie eine überfüllte Boing 747 auf dem Weg nach Sydney. Da kommt mir eine Idee: Schlag doch einfach mal öffentlich vor, die Dinger zu verbieten. Erstens wäre es Dein erster sinnvoller Vorschlag, zweitens lenkt es vom Mautdebakel ab und drittens von Deiner völlig bescheuerten Idee, mit der Du vom Mautdebakel ablenken wolltest, nämlich jedem, der nicht durch den Führerschein gefallen ist, das Fahren schwerer Motorräder zu erlauben.
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