Aus LT-manager 1/2020
Familienunternehmen mag Innovation
Familienunternehmen sind ein treibender Faktor in Sachen Innovation und Fortschritt, wie der Logistik- und Fulfillmentdienstleister Loxxess zeigt. Das familiengeführte Unternehmen mit Sitz in Unterföhring bei München entwickelte mit Smile eine Lösung für den E-Commerce und erreichte eine der drei Finalistenpositionen beim Deutschen Logistik-Preis 2019.
Sie gelten als Rückgrat der deutschen Wirtschaft: Familienunternehmen. Laut der von der Stiftung Familienunternehmen herausgegebenen und vom Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) sowie vom Institut für Mittelstandsforschung (ifm) erstellten Studie „Die volkswirtschaftliche Bedeutung von Familienunternehmen“ sind 90 Prozent aller deutschen Unternehmen familiengeführt und stellen knapp 60 Prozent aller sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse. Familienunternehmen wirken als Stabilitätsanker in unruhigen Zeiten und als Jobmotor bei konjunkturellen Hochphasen. Allein im Bereich Arbeitsplätze können sie im Vergleich mit nicht-familiengeführten DAX-Unternehmen punkten. Im Zeitraum von 2007 bis 2016 stieg die Beschäftigtenzahl bei den inländischen Familienunternehmen auf 23 Prozent. Bei nicht-familiengeführten DAX-Unternehmen waren es dagegen lediglich vier Prozent.
Finalposition erreicht
Loxxess erzielte mit seinem Logistikkonzept „Smile – Smart und Innovativ: Logistik für den E-Commerce“ eine der Finalistenpositionen beim Deutschen Logistik-Preis 2019. Dabei setzte sich Loxxess gegen starke Mitbewerber durch und platzierte sich als einziger Logistikdienstleister mit den Konzernen BMW und Airbus unter den drei Besten. Dabei zeigte das Familienunternehmen im ohnehin schon dynamischen Wirtschaftsbereich Logistik Innovationskraft. „Wir leben in spannenden Zeiten, in denen der technische Fortschritt rasant und zum Teil disruptiv voranschreitet. Als Logistikdienstleister müssen wir offen sein für digitale Lösungen und neue Technologien wie KI, Blockchain oder IoT (Internet of Things)“, sagt Loxxess-Vorstand Claus-Peter Amberger. „Bei Loxxess haben wir diese Notwendigkeit nicht nur verstanden und angenommen, sondern haben als Familienunternehmen mit schlanken Strukturen und schnellen Entscheidungswegen die besten Rahmenbedingungen, um Lösungen zu entwickeln. Smile ist Ausdruck dieser Leistungsfähigkeit“.
Einsatz von Software, Algorithmen und KI
Dabei war die Ausgangssituation von Smile schwierig. Ausschlaggebend für das Projekt war der Auftrag der dm-drogerie markt GmbH zum Auf- und Ausbau seines Onlinevertriebskanals. Auch für dm ist der Onlinehandel immer wichtiger geworden. Während das Drogerieunternehmen mit anfangs 9.000 Artikeln in sein E-Commerce-Geschäft startete, stieg 2018 die Gesamtartikelmenge auf 14.000 Produkte und erreichte Mitte 2019 die Marke von 18.000 Teilen. Während Loxxess bereits seit 2006 Logistikdienstleistungskonzepte im Bereich Onlinehandel anbietet, sorgte das rasante Mengenwachstum in Kombination mit einer komplexen Sortimentsbreite und -struktur dafür, dass etablierte Prozesse angepasst und weiterentwickelt werden mussten. Dabei bestand die entscheidende Erkenntnis des Loxxess-Projektteams am Standort Bor nahe der deutsch-tschechischen Grenze darin, die Auftragssteuerung nicht mehr manuell auszuführen, sondern auf eine digitale Lösung zu setzen. „Angesichts der Komplexität und des dynamischen Mengenwachstums wurde uns recht schnell klar, dass die unterschiedlichen Prozesse nicht mehr händisch zu bewältigen waren. Wir mussten einen neuen Weg gehen“, kommentiert Claus-Peter Amberger.
Die Logistiklösung Smile besteht in einem kombinierten Einsatz von Simulationssoftware, Optimierungs-Algorithmen und KI, die zu einer Entlastung sowie einem effizienteren Einsatz der Lagermitarbeiter führen. Eine Schlüsselrolle spielt dabei die Lageroptimierungssoftware LOS, eine intelligente, auf Echtdaten basierende Planungssoftware, mit der eine Menge von Daten berücksichtigt wird, die allein aufgrund ihrer schieren Masse von Menschen nicht mehr zu durchschauen ist.
Loxxess gelang es mit der Logistiklösung umfangreiche Optimierungsmaßnahmen in diversen Lagerprozessen zu realisieren. Aufgrund von Vergangenheitsdaten konnten detaillierte Analysen zu Lagertopologie, Laufwegen und Picktouren etc. durchgeführt werden. Dabei konnte in einem ersten Schritt ermittelt werden, welche Schüsselfaktoren welche Auswirkungen auf die logistischen Prozesse haben, um in einem zweiten Schritt entsprechende Optimierungsmaßnahmen anzustoßen. Mit Hilfe der Software gelang sogar die Reorganisierung der gesamten Lagertopologie mit dem Ziel einer optimalen Wareneingangs- und Nachschubsteuerung sowie der Artikelpositionierung. Diese wurde durch sogenannte „Heat Maps“ erzielt, bei der die Häufigkeit der von den Mitarbeitenden beim Kommissionieren der Aufträge angesteuerten Lagerplätze angezeigt wird.
Datentransparenz erhöht
Schlussendlich übernahm die KI eine immer mehr steuernde Funktion im Bereich der Disposition. Immerhin gehen nach Schätzungen rund 30 Prozent der Prozesszeit durch menschliche Fehler verloren. Diese können durch den Einsatz Künstlicher Intelligenz eliminiert werden, denn: Die neue Datentransparenz macht es in Verbindung mit der KI möglich, in jeder Situation, von der Warenverfügbarkeit und Einlagerungsstrategie über die Kommissionierung bis hin zur Verpackung, die richtigen Maßnahmen zu ergreifen. Und dies vorausschauend, da das System aus der Analyse der Vergangenheit lernt. So können Engpässe, etwa aufgrund von erhöhtem Verpackungsaufwand für Glasartikel, vorab erkannt und vermieden werden.
Logistiklösungen von morgen
Dass das Thema Innovation bei Loxxess hoch im Kurs steht, zeigt aber nicht nur die erfolgreiche Entwicklung des Logistikkonzepts Smile sondern auch das Engagement des Familienunternehmens beim 11. Innovation World Cup (IWC). Im Rahmen des von der Navispace AG initiierten IWC lobte Loxxess den „Logistics Game Changer Award“ aus, der Innovation genau dort fördert, wo sie entsteht: in den Händen junger, erfolgreicher Unternehmen, Start-Ups und „Techpreneure“, die bereits konkret an den Logistiklösungen von morgen arbeiten.
Die Jury-Auswahl der Finalistenprojekte gab ein Spiegelbild der aktuellen, wichtigsten Trends des Logistiksektors wieder. Dementsprechend stammten die meisten Projekte und Lösungen aus den Bereichen Software, KI und Automatisierung. So auch das Gewinnerprojekt Bcon des deutschen Start-Ups CapLab. Bcon ist ein an Händen und Füßen tragbarer Controller und findet bisher vor allem im Bereich Gaming Anwendung. Als erste Wearable-Technologie setzt es auf die Gestik zur Steuerung oder Ausführung von Funktionen im Spiel. Dabei eröffnet die Anwendung auch in der Logistik neuartige Möglichkeiten zur Prozessgestaltung im Lager, dies betrifft vor allem freihändiges Arbeiten und Kommissionieren.
Kooperation mit Start-Up
Loxxess bietet Gewinner CapLab die Gelegenheit, zusammen mit Loxxess-Experten an einem der Standorte des Unternehmens die entwickelte Lösung zu testen und weiterzuentwickeln. „Die Digitalisierung wird den Logistiksektor nachhaltig verändern, keine Frage. Wir freuen uns, als etablierter Partner gemeinsam mit jungen Unternehmen innovative Techniken und Lösungen selbst mitentwickeln und voranbringen zu können“, so Amberger.
Digitalisierung und Nachhaltigkeit vereint
Bei Loxxess ist die Affinität gegenüber den einschlägigen Trends allerdings kein Selbstzweck. Vielmehr möchte sich das Familienunternehmen fit machen für die vielfältigen globalen Herausforderungen. Ein wichtiges Themen- und Handlungsfeld gilt dabei der Nachhaltigkeit. Dies zeigt sich jüngst an der Zusammenarbeit von Loxxess mit Vodafone Kabel Deutschland. Gemeinsam führten beide Unternehmen im Sommer 2019 am Loxxess-Standort Bor neue nachhaltige und ressourcenschonende Transportbehälter ein. Die Behälter sind für interne Lieferungen, Lagerung, Entsorgungs-, Retouren- und Reparaturtransporte konzipiert und weitaus langlebiger als die alte Variante mit Paletten-Kartonagen. Immerhin können die neuen Boxen für bis zu 60 Transportzyklen und damit für sieben bis neun Jahre eingesetzt werden. Unmittelbar nach der Implementierung des Mehrwegbehältersystems begannen beide Partner bereits Möglichkeiten zur Anwendung von IoT an den neuen Behältern wie zum Beispiel mit Chips zur Narrowband-Kommunikation zu entwerfen. Die Mehrwegbehälter wären durch die Chips sichtbar und könnten jederzeit lokalisiert werden. Von den ermittelten Daten würden unter anderem Reparatur-Dienstleister profitieren, die ihre Arbeitsprozesse besser koordinieren könnten. Auch Loxxess hätte so eine bessere Übersicht und Kontrolle über Behälter sowie deren Einsatz. „Etliche Innovationen im Bereich E-Commerce und Logistik beruhen bereits heute auf dem IoT. Dabei haben sich gerade in den vergangenen Jahren spannende Möglichkeiten zur Interaktion von Mitarbeitern, Systemen und Hardware aufgetan, die das Potential haben, logistische Prozesse nachhaltig zu verändern“, so Amberger. „Deswegen loten auch wir bei Loxxess neue Wege aus, um IoT-Anwendungen fruchtbar zu machen“.
KI bietet im Projekt weitere Möglichkeiten
Auch beim Logistikkonzept Smile sieht Loxxess trotz des Erfolges noch viel Potential zur Weiterentwicklung. Das Projektteam arbeitet bereits an neuen Möglichkeiten, die KI noch gewinnbringender einzusetzen. „Mit Smile haben wir erfolgreich eine zukunftsweisende Lösung für den immer wichtiger werdenden E-Commerce aufgezeigt. Gleichzeitig verstehen wir das Konzept nicht als das Ende eines Entwicklungsprozesses“, sagt Amberger. „Im Gegenteil: Es ist erst ein Anfang.“