Kommissioniertechnik
Kommissionieren mit Licht- und Sprach-Support
Höchste Pick-Qualität zu erreichen - das ist das Ziel trotz immer größerer Artikelspektren, steigender Auftragszahlen und hoher Durchsatzanforderungen. Einige aktuelle Praxisbeispiele aus Industrie und Handel zeigen, wie sich diese anspruchsvollen Aufgaben mit Pick-by-Light- und Pick-by-Voice-Lösungen meistern lassen.
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Witron Logistik + Informatik hat für den finnischen Logistikdienstleister INEX Partners, Tochter des Handelsunternehmens SOK, am Standort Sipoo bei Helsinki ein 53.000 Quadratmeter großes Logistikzentrum realisiert. Hier werden mehr als 300.000 unterschiedliche Artikel für die Belieferung von 1.200 Verkaufsstellen effizient gelagert und filialgerecht kommissioniert. Das sehr breite Sortiment umfasst unterschiedlichste Produktgruppen: Von Kleidung, Kosmetik und Sportartikeln über elektronische Geräte und DVDs bis hin zu Gartenartikeln und Möbeln.
Palettenware wird in einem automatisierten 5-gassigen Palettenlager mit 8.800 Stellplätzen und 16.000 Layer-Tray-Stellplätzen über das Car Picking-System (CPS) mit integrierter Pick-by-Voice-Bedienerführung abgewickelt. Nach dem Mann-zur-Ware-Prinzip werden im CPS bis zu drei Aufträge parallel von einem Kommissionierer gepickt. Durch den Einsatz der von Witron eigenentwickelten Layer-Trays, in denen platzsparend eine Vielzahl weiterer Artikel in der Pickfront vorgehalten werden, verringern sich die Fahrwege um rund 60 Prozent.
Zweifach ausgezeichnet
topsystem wurde für die Pick-by-Voice-Lösung „Lydia Plug&Play“ mit dem Logistics Business IT Award in zwei Kategorien ausgezeichnet. Im Bereich „Wearable Devices & Voice Technology in Logistics“ zeichnete die Jury die Lösung im Einsatz beim Brillenglashersteller Seiko Optical UK aus, bei dem nun 60 Prozent mehr Picks gelistet werden und die Fehlerquote um mehr als zwei Drittel verringert wurde. In der Kategorie „Logistics IT in the Retail & Wholesale Sector“ überzeugt der Voice-Einsatz bei Skoolkit. „Lydia Plug&Play“ eignet sich als Pick-by-Voice-Anwendung besonders für kleine und mittelständische Unternehmen mit bis zu 25 Benutzern. Das Paket umfasst Software, Hardware, alle Funktionen für die individuelle Lagerverwaltung und basiert auf der aktuellsten Spracherkennungstechnologie.
Auch in den konventionellen Lagerbereichen, die vor allem für das Handling von sperrigen Artikeln und das Cross-Docking-Geschäft genutzt werden und insgesamt 13 Gassen und 12.000 Palettenstallplätze umfassen, ist Pick-by-Voice im Einsatz.
Kommissioniersystem für mehr als eine Million Pickeinheiten pro Tag

Das Behälter-Kommissioniersystem DPS - die Abkürzung steht für Dynamic Picking System - bildet das logistische Kernelement des Distributionszentrums. Hier werden alle behälterfähigen Artikel in einer 40-gassigen Regalanlage mit 510.000 AKL-Behälterstellplätzen und 4.200 Palettenstallplätzen gelagert und kommissioniert. An insgesamt 120 Kommissionierarbeitsplätzen werden die Artikel von Lagerbehältern bzw. -paletten direkt in die Auftrags-/Filialbehälter gepickt. Die Mitarbeiter werden dabei durch ein Pick-by-Light-System geführt. Das DPS arbeitet in Kombination nach dem Prinzip „Ware-zumMann/Mann-zur-Ware“ und ermöglicht die unmittelbare Lagerung und Kommissionierung in einem automatischen Kleinteilelager.
Die Artikel, deren Klassifikation durch das DPS kontinuierlich überprüft und angepasst wird, befinden sich bedarfsgerecht in der Pickfront. Der Nachschub aus dem AKL in die direkt im Behälterlager integrierten Kommissionierzonen erfolgt ausschließlich systemgesteuert durch Regalbediengeräte. Aufgrund der automatisierten statischen und dynamischen Bereitstellung der Lagerartikel verkürzen sich die Laufwege der Mitarbeiter um bis zu 75 Prozent. Zudem wird das Heben und Tragen auf ein Minimum reduziert. Insgesamt werden an Spitzentagen über eine Million Pick-Einheiten kommissioniert.
Lichtgeführt: Montage bei MAN
Bei der Kommissionierung für die Montage der Fahrerhäuser setzt das Münchener Stammwerk von MAN auf eine spezielle Pick-by-Light-Lösung mit Wischbetätiger von KBS. Für dieses System sprachen unter anderem kurze Anlernphasen, eindeutige Orientierungshilfen, einfach austauschbare Fachanzeigen, die rationelle AuftragsQuittierung und insgesamt mehr Qualität und Tempo. Gilt es doch, für jede Fahrzeugbestellung rund 250 unterschiedliche Teile allein für die Fahrerhäuser auf Kommissionierwagen zusammenzustellen. Das Spektrum reicht von Kabelsätzen, Antennen, Drucklufthörnern und Verkleidungen bis zu unterschiedlichen Tachografen.
„Wischbetätiger“ verkürzt und vereinfacht den Kommissionierprozess
Im Vergleich zu anderen Pick-by-Light-Anbietern konnte sich das System „Pick-Term Quick-Reply“ von KBS durchsetzen, da es über leicht austauschund umsetzbare Fachanzeigen mit einem selbst entwickelten Schalter zum schnellen Quittieren der Aufträge verfügt. Dieser „Wischbetätiger“ erspart das Bedienen der weiterhin vorhandenen Betätigungstaste an der Fachanzeige und erhöht dadurch die Pickleistung. Der federnd gelagerte Hebel wird während der Entnahme des Artikels vom Kommissionierer „gestreift“ und damit ohne weiteren Handgriff betätigt.
„Bis auf drei Ausnahmen muss aus den Fächern grundsätzlich nur ein Artikel entnommen werden, so dass der Kontakt keinesfalls zu früh ausgelöst werden kann“, so Franz Blaschke, verantwortlich für Prozessplanung und Instandhaltung in der Fahrerhaus-Montage für schwere Lkw.
Kopf frei mit der Voice-Weste
„Mit der „VocalVest“ entfällt die Benutzung eines Headsets“, preist proLogistik seine neu entwickelte Voice-Weste an. Die Weste wiegt nur 500 Gramm. Zwei Lautsprecher sind in Schulterhöhe positioniert. Dadurch kann der Benutzer die Sprachanweisungen trotz Nebengeräuschen klar und deutlich hören. Das Mikrofon kann individuell ausgerichtet werden. Die robuste Weste mit integriertem Akku, die mit Schutzart IP 65in Temperaturbereichen von -30 bis +50 Grad Celsius eingesetzt werden kann, verfügt über elastische Gurte mit Schnellverschlüssen und passt sich so der Statur des jeweiligen Mitarbeiters an.
Da bis zu zwei Mitarbeiter gleichzeitig im „Teile-Supermarkt“ - so die interne Bezeichnung für den Kommissionierbereich - tätig sind, wurden zur farblichen Unterscheidung der Lichtsignale die Farben rot und grün ausgewählt. Fächer, die bei der Kommissionierung von beiden Mitarbeitern aufgesucht werden müssen, blinken in der Farbe des ersten ausgelösten Kommissionierauftrags. Beim zweiten Pickvorgang aus diesen Fächern muss der Auftrag mit dem herkömmlichen Schalter quittiert werden, da der Wischbetätiger nur einmal aktiv sein darf.
„Wir arbeiten jetzt schneller und mit höherer Qualität“, betont Blaschke. Zudem lassen sich neue Mitarbeiter nun in einer halben Stunde anlernen.
Greifkanäle mit Lichtanzeigen
viastore Systems hat für Bort Medical ein neues Distributionszentrum mit ergonomischer Kommissionierung für die insgesamt rund 5.000 unterschiedlichen Artikel realisiert. Für die Kommissionierung stehen in acht Zonen 1.442 Greifkanäle mit Pick-by-Light-Anzeigen sowie ein ergonomischer Hochleistungs-Kommissionier-Arbeitsplatz zur Verfügung. Für die schnelle Verbindung von Lager, Kommissionierung und Verpackung sorgt ein High-Speed-Loop.
Die Kommissionierung erfolgt nach zwei Prinzipien: Die Greifkanäle im Kommissionierlager werden automatisch mit den Regalbediengeräten „viaspeed“ versorgt. Der Pickvorgang - hier sind es die A-Teile - ist für die Mitarbeiter selbsterklärend. Das Warehouse-Management-System viadat berechnet die Auftragsgröße vor und stellt auf dieser Basis automatisch einen Behälter in der passenden Größe bereit, in den die Mitarbeiter die Ware legen. Beim Einfahren in die Kommissionierzonen werden die Behälter automatisch gescannt und damit der Auftrag gestartet.
Die Leuchtanzeigen an den Greifkanälen zeigen an, aus welchem Kanal wie viele Artikel zu entnehmen sind. Anschließend wird der Behälter weggeschoben und gelangt entweder zur nächsten Kommissionierzone oder zur Verpackungs- und Versandstation.

Die B/C-Teile werden an einem separaten Kommissionierplatz gepickt. Die Artikel-Behälter fahren hier automatisch vor und nach der Entnahme wieder weg. Ein viadat-Dialog zeigt dem Kommissionierer am Bildschirm an, wie viele Artikel aus welchem Behälter-Segment zu entnehmen und in welchen Zielbehälter sie zu legen sind. Unterstützt wird dies durch Lichtanzeigen: Im Entnahmebehälter erscheint ein „Spot“ an der richtigen Rekord-Pickleistung mit Spot-Light Stelle, über dem Zielbehälter leuchtet die Zahl der hineinzulegenden Artikel. Wie Geschäftsführer Wolfgang Bort betont, „soll die Kommissionierung künftig deutlich schneller und sicherer laufen“ und die bereits im Promillebereich liegende Fehlerquote nochmals „so stark gesenkt werden, dass unsere Endkontrolle entfallen kann“. Die Rekord-Pickleistung lag bislang bei 18.000 Positionen an einem Tag.
Pickleistung mit neuem Voice-System verdoppelt Cassis, ein expandierendes belgisches Einzelhandelsunternehmen für Damenbekleidung, das derzeit 130 Filialen in Belgien, Luxemburg, Frankreich und den Niederlanden betreibt, hat in den vergangenen zehn Jahren die Zahl seiner Filialen mehr als verdoppelt und zudem sein E-Commerce-Geschäft erweitert. Um mit der steigenden Zahl der Lieferziele sowie der zunehmenden Anzahl und Komplexität der Aufträge Schritt zu halten, die Prozesse schnell und flexibel zu organisieren sowie die Fehlerquote und die Kosten zu senken, hat Cassis Zetes-Medea Voice eingeführt, das in unterschiedlichen Phasen des Logistikprozesses eingesetzt wird.
Zu Saisonbeginn wird der größte Teil der neuen Kollektion ab Vertriebszentrum schnellstmöglich an die Filialen verteilt. Die verbleibende Bekleidung wird je nach Bedarf per Auftrags-Kommissionierung an die Filialen geliefert. Die Organisation des Ein und Ausgangsprozesses für Bekleidungsartikel wird von den vier wichtigen Eigenschaften „gefaltet“, „hängend“, „Sammelpackung“ und „Einzelpackung“ bestimmt. Für jeden Artikel sind unterschiedliche Logistikprozesse erforderlich, für deren Ausführung die Mitarbeiter vom Voice-System angeleitet werden. Ausgestattet mit einem Terminal des Typs WT4190 von Zebra, an das ein Ringscanner und ein Headset angeschlossen werden, können sie freihändig und mit freier Sicht Aufträge für mehrere Kunden gleichzeitig kommissionieren.
Kommissionierung und Cross-Docking-Prozesse sowie die Wiederaufstockung werden nun wesentlich schneller und mit weniger Fehlern ausgeführt. Dieselbe Belegschaft, ein elfköpfiges Team, beliefert jetzt mehr als doppelt so viele Filialen und kommissioniert täglich bis zu 20.000 Bekleidungsartikel. „Mit dem neuen System können wir bei gleicher Mitarbeiterzahl doppelt so viele Aufträge bearbeiten“, so Monique Courant, IT & Logistics Manager bei Cassis.
Reinhard Irrgang
Kontakt:
KBS Industrieelektronik GmbH
proLogistik GmbH + Co. KG www.prologistik.com
topsystem Systemhaus GmbH www.topsystem.de
viastore Systems GmbH www.viastore.com
Witron Logistik + Informatik GmbH www.witron.de
Zetes GmbH www.zetes.com