Software

Daniel Schilling,

Logistik-Effizienz für 10.000 Küchenmöbel am Tag

Häcker Küchen hat mit seinem Werk 5 eine der modernsten Produktionsstätten für Küchenmöbel realisiert. Die Value-Chain-Software Viadat bindet nicht nur eine Vielzahl von Logistik-Systemen ein, sondern managt vor allem sämtliche Prozesse der Produktionsversorgung und übernimmt klassische Aufgaben eines Manufacturing Execution Systems (MES). Sie schafft damit die Basis für die Produktion einer enorm variantenreichen, designorientierten Küchen-Linie zu marktfähigen Preisen.

Integriert in das Staplerleitsystem von viadat bei Häcker ist auch das FTS, mit dem die kommissionierten Korpus-Teile sowie Fronten und Einbauteile in die Montage transportiert werden. © Viastore

Venne im Osnabrücker Land ist der jüngste Standort von Häcker Küchen, das Werk 5. Es ging im August 2020 nach weniger als zwei Jahren Bauzeit in Betrieb. Rund 300 Mitarbeiter auf einer Produktionsfläche von rund 110.000 m² fertigen hier Möbel für Einbauküchen. „Die Investition in das neue Werk war die größte in der Firmengeschichte“, erklärt Dirk Krupka, Geschäftsführer Technik bei Häcker. „Zudem haben wir eine neue Produktlinie auf den Markt gebracht, die wir in keinem unserer bisherigen Werke so hätten fertigen können.“ Krupka spricht von der Produktlinie systemat 3.0, einer hochwertigen, designorientierten Küche, die in einem 13er-Raster noch mehr Möglichkeiten bei der Küchenplanung bietet. Keine Küche gleicht der anderen. „Der logistische Anspruch ist recht extrem. Wir fertigen ausschließlich kundenauftragsbezogen, das heißt, wir haben eine komplette Losgröße-1-Fertigung“, betont Dirk Krupka.

Um dies zu erreichen, war das Ziel bei der Planung des neuen Werks, den Materialfluss komplett durchzusteuern. „Es gibt keinen nicht-definierten Materialzustand“, erläutert Friedbernd Bartels, Leiter der Abteilung Technische Projekte bei Häcker. „Jede Materialbewegung wird nach dem Quelle-Ziel-Prinzip gesteuert und jede Bewegung, jeder Arbeitsschritt, an das System zurückgemeldet.“ Die Besonderheit dabei: Diese Steuerung der Materialflüsse im gesamten Werk erfolgt über die Software Viadat von Viastore.

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„Die von Häcker geforderte Produktionsversorgung und -entsorgung sind für Viadat eine übliche Anforderung“, betont Peer Leemhuis, der das Projekt seitens Viastore betreute. Auch die Kopplung mit den Steuerungen von unterschiedlichen Logistik-Systemen und -Technologien sei Alltag für das System – auch wenn es davon im Werk 5 von Häcker einige mehr gibt als üblich: Neben einem 16-gassigen Hochregallager sind auch eine Elektrohängebahn, ein Shuttle-Lager, eine Portal-Kommissionierung sowie fünf Pick-by-Light- und zwei Put-to-Light-Lagerbereiche eingebunden. Darüber hinaus fungiert Viadat als Stapler- und FTS-Leitsystem mit neun fahrerlosen Transportfahrzeugen.

Komplexe Prozesse zeitgenau gesteuert

Um den unterschiedlichen Varianzen und damit Fertigungsaufwänden der verschiedenen Bauteile eines Schranks gerecht zu werden, hat Häcker die Fertigung in verschiedene Prozesse aufgeteilt: Die Korpusbauteile werden in A-, B- und C-Teile unterschieden. A-Teile sind Baugruppen, die sehr häufig in gleicher Variante benötigt werden – zum Beispiel Standard-Unterschränke in Weiß. Sie werden direkt aus dem Hochregallager (HRL) auf Paletten über die Elektrohängebahn (EHB) an das fahrerlose Transportsystem übergeben und zur Montagestation transportiert. Viadat erhält die entsprechende Nachschubanforderung über eine Datenbankschnittstelle von der Endmontagelinie. Zudem ist Viadat das führende System für das FTS: Es übernimmt die Auftragssteuerung, die Erfassung und verbucht die Ladeeinheit mit dem jeweiligen Bestand.

Die Kommissionierung der B- und C-Teile ist komplexer, da hier die Varianz deutlich höher ist: Dazu gehören zum Beispiel Hochschränke oder auch farbige Korpusseiten. Ein Teil der Bauteile wird vom HRL über die EHB in eine automatische Kommissionierstation transportiert und dort von 6-Achs-Robotern auf Paletten gelagert. Diese werden entweder direkt an die Montagestationen gebracht, durchlaufen erst noch eine Bearbeitung oder werden in einem Pufferlager zwischengespeichert.

Fronten und Schubkästen just-in-sequence

Ähnlich komplex ist der Prozess für die Fronten: Aus dem HRL oder der Oberflächenbehandlung stammend, werden sie in einem Shuttle-Lager zwischengelagert. Durch die Pufferung wird erreicht, dass eine Palette mit den erforderlichen Rohfronten je nach Bedarf in frei konfigurierbaren Zeitpunkten aus dem Hochregallager ausgelagert wird. Von dieser Palette werden nur die Teile abkommissioniert, die für den kommenden Arbeitstag benötigt werden.

Die Tablare werden sequenzgerecht aus dem Puffer ausgelagert und an eine Entnahmestation transportiert, an der Portalroboter die Fronten für die Weiterverarbeitung entnehmen. Anschließend erfolgt der Transport – falls erforderlich – zu Bohranlagen, in denen die Bretter gelocht und mit Scharnieren versehen werden. Danach konfektionieren Roboter die so vorbereiteten Fronten in Hordenwagen, in denen sie schließlich in die Montage gelangen, wo sie mit dem Korpus verheiratet werden. Auch hier steuert Viadat sämtliche Lager- und Transportbewegungen, übernimmt die Bestandsverwaltung im Shuttle-Lager und versorgt die Arbeitsplätze und Maschinen mit den relevanten Bearbeitungsinformationen.

Parallel dazu werden die Schubkästen gefertigt und in einem Pufferlager zwischengespeichert. „Über die Steuerung der Fertigungsanlagen wissen wir, wann welcher Korpus freigegeben wurde“, erklärt Krupka. „Synchronisiert dazu kommen die Auszüge und Schubkästen hinzu und treffen zusammen mit den Beschlägen und den zugehörigen Fronten zeitgenau auf den zu ihnen gehörenden Korpus.“ Dazu werden sämtliche Transporte in die Montage von Viadat just-in-time und just-in-sequence organisiert sowie die Bestände genau erfasst und verwaltet.

Friedbernd Bartels ergänzt: „Dabei werden die Bauteile nicht über Aufkleber oder Barcodes auf den Bauteilen identifiziert. Die Reihenfolge, in der die Komponenten durch die Produktion geschleust oder kommissioniert werden, erfolgt absolut beleglos.“ Das bedeutet, Viadat weiß zu jedem Zeitpunkt, wo sich welches Bauteil aktuell befindet. „Es gibt kein weiteres Manufacturing Execution System – das einzige übergeordnete System, mit dem Viadat sich noch austauscht, ist das ERP-System, das die Versandreihenfolge und die Sequenzen in der Fertigung festlegt“, sagt Peer Leemhuis.

Enormes Transaktionsvolumen

Auch wenn Viadat die Produktionsversorgung standardmäßig beherrscht, stellte die Produktion bei Häcker das System vor eine Herausforderung, wie Leemhuis weiter berichtet: „Wenn man bedenkt, dass jeder Schrank aus vielen Teilen besteht, jedes Teil mehrere Prozessschritte durchläuft und dabei jedes Mal in Viadat eine Auftragsposition darstellt, ist das resultierende Transaktionsverhalten in Viadat enorm hoch.“ So hat Viastore im Rahmen des Projekts die Datenbanken, mit denen Viadat arbeitet, noch einmal optimiert.

„In der Summe haben wir im neuen Werk eine Produktion realisiert, mit der ein enorm variantenreiches Spektrum zu marktfähigen Preisen gefertigt werden kann“, zieht Dirk Krupka ein positives Fazit. Viastore sieht er als einen wichtigen System-Lieferanten: „Mit Viastore hatten wir bei der Projektrealisierung einen zuverlässigen Partner, mit dem wir das System trotz Zeitdruck pünktlich umsetzen konnten. Viadat hat gezeigt, wie viel Potenzial in ihr steckt – mit dem Begriff Warehouse-Management verkauft es sich ganz klar unter Wert.“

Dieser Artikel erschien in der Ausgabe 4/23

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