Automatisierung

Marvin Meyke,

Ersatzteile effizient gelagert

Unitechnik Systems realisierte in Hamm-Uentrop ein automatisches Hochregallager in Silobauweise ­ für den Landmaschinenhersteller Claas. Wichtiges Verbindungsstück zwischen Automatiklager und ­­ dem nach dem Ware-zur-Person-Prinzip konstruierten Kommissionierbereich ist eine Elektrohängebahn.

© Unitechnik

Fällt eine Landmaschine plötzlich und schlimmstenfalls zur Erntesaison aus, kann das für den Landwirt kostspielige Folgen haben. Um die Dauer solcher Ausfälle zu minimieren, bedarf es bei Claas der ständigen Verfügbarkeit von etwa 200.000 Ersatzteilen und deren schneller Lieferung. Damit die Lagerkapazität der steigenden Anzahl von Aufträgen und Ersatzteilen auch zukünftig gerecht wird, investierte Claas rund 22 Millionen Euro in die Erweiterung seines zentralen Ersatzteillagers in Hamm-Uentrop. ­Ergebnis der Investition sind insgesamt 58.000 Palettenstellplätze und eine Ware-zur-Person-Kommissionierung, die sich in die Logistikprozesse des Ersatzteilzentrums einfügen. Gemeinsam mit Claas erarbeitete Unitechnik eine skalierbare Lösung mit hoher Anlagenleistung.

Herausforderung Ersatzteillogistik
Eine Herausforderung in der Landmaschinenersatzteillogistik ist die hohe Teilevielfalt und Varianz: Viele Maschinen werden in kleinen Stückzahlen auf Kundenwunsch gefertigt. Verbaut sind zunehmend elektronische Komponenten, aber auch große und sperrige Fertigprodukte. Um dem steigenden Auftrags­volumen auch in Zukunft gerecht zu werden, ist eine deutliche Erweiterung der Anlage bereits im Konzept vorgesehen. „Die Automatisierung in der Ersatzteillogistik ist die Königsdisziplin. Spitzenzeiten sind im Gegensatz zur Produktionslogistik nur bedingt planbar, da sie nicht im Einflussbereich des Anlagen­betreibers liegen“, so Yusuf Kaya, Key-Account-Manager bei Unitechnik Systems. Erfüllt werden die hohen Leistungs­anforderungen durch einen effizienten Materialfluss: So­­wohl die Regalbediengeräte als auch die Elektrohängebahnfahrzeuge sind mit zwei Lastaufnahmemitteln versehen.

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Auf einer Fläche von 6.000 m² entstand ein Hochregallager in Silobauweise. Von den neun Gassen sind die beiden äußeren doppelttief ausgelegt. Alle neun Regalbediengeräte sind mit zwei Lastaufnahmemitteln versehen. Sie übernehmen jeweils eine Palette oder Gitterbox aus dem 30 Meter hohen Regal und geben diese paarweise an die Fördertechnik ab. Die Paletten­fördertechnik vor dem Hochregallager ist so angeordnet, dass jeweils zwei Einlager- und zwei Auslagerstiche nebeneinander platziert sind. So liegen zum Beispiel die Auslagerstiche für die Gassen 2 und 3 nebeneinander. Dadurch kann die Elektro­hängebahn jeweils zwei Ladungsträger gleichzeitig aufnehmen.

EHB statt konventioneller Stetigfördertechnik
Die Elektrohängebahn (EHB) ist das logistische Rückgrat der Anlage. Sie verbindet das Hochregallager mit den Kommissionierplätzen, dem Wareneingang und der Vollpalettenauslagerung. Sie spielt im Materialfluss die wichtigste Rolle im Hinblick auf die ­zügige Ein- und Auslagerung von Paletten: In einer Sekunde legen die EHB-Fahrzeuge eine Strecke von 1,5 Meter zurück und fahren damit rund fünfmal so schnell wie die Palette auf einer Stetig­fördertechnik. In der aktuellen Ausbaustufe wird ein Durchsatz von bis zu 400 Fahrzeugen pro Stunde erreicht, bei einer Beladung von zwei Paletten pro Fahrzeug entspricht das einer Spitzenleistung von 800 Paletten pro Stunde. Das ist viermal so viel wie bei einem Rundlauf mit herkömmlicher Fördertechnik. Die hohe Durchsatzleistung ist vor allem bei Leistungsspitzen in der Erntesaison gefragt. Claas profitiert mit der EHB von einer Lösung, die bei Bedarf durch das Hinzufügen von weiteren Fahrzeugen ausgebaut und hochskaliert werden kann.

Wie die EHB im Materialfluss integriert ist, erklärt Yusuf Kaya: „Die Elektrohängebahn holt die Paletten von den ­Aus­lagerstichen des Hochregallagers und fährt sie an die Kommissionier-Us. Dort übergibt sie zwei Paletten gleichzeitig an die Stetigfördertechnik. Von hier aus werden die Paletten zu den Kommissionierplätzen gefahren. Die Rücklagerungen werden durch das leer gewordene EHB-Fahrzeug zum Hochregallager transportiert. Diese Schritte erfolgen vollautomatisch.“ Unitechnik konzipierte den Kommissionierbereich nach dem Ware-zur-Person-Prinzip. Je nach Auftragsumfang werden die angedienten Teile entweder sofort in das Zielgebinde gepackt oder vorkonsolidiert.

Ergonomische Kommissionierplätze dank VR
Um den Kommissionierprozess so ergonomisch und effi­zient wie möglich zu gestalten, wurden im Vorfeld Arbeitsplatz- und Fördertechnikalternativen simuliert und gemeinsam mit dem Kunden diskutiert. „Bei der Gestaltung von Arbeitsplätzen setzten wir auf Virtual Reality“, berichtet Yusuf Kaya. „Mithilfe der virtuellen Voransicht durch die VR-Brille konnten wir die Arbeitsplätze realistisch dar­stellen und optimieren.“ Entstanden ist daraus eine platz­sparende und komfortable Lösung.

Software für effizienten Materialfluss
Ob die physischen Möglichkeiten tatsächlich genutzt werden, entscheidet das Gehirn der Anlage – die Software. Hier kommt die Lagerverwaltungssoftware UniWare von Unitechnik ins Spiel. In diesem Projekt hat UniWare die Funktion einer erweiterten Materialflusssteuerung (MFS) mit integrierter Anlagenvisualisierung kombiniert. Neben dem intelligenten Routing der Ladungsträger werden auch die Lagerplätze im Hochregallager durch UniWare verwaltet und regelmäßig optimiert. Über die frei zoombare Visualisierung behält der Bediener immer den Überblick: von der kompletten Anlagenübersicht bis zum Schaltzustand eines einzelnen Sensors. UniWare lässt sich aus dem Leitstand oder über Tablets und Smartphones bedienen.

Für heute und morgen gerüstet
„Mit der Leistung von Unitechnik sind wir sehr zufrieden“, resümiert Dietmar Düsing, Leiter Logistik und Mitglied der Geschäftsführung der Claas Service and Parts GmbH. „Die Arbeiten wurden während des gesamten Projekts parallel zum laufenden Betrieb abgewickelt. Wir sind im Zeit- und Kostenrahmen geblieben, was bei einem Projekt dieser Größen­ordnung nicht selbstverständlich ist.“ Die zukunftsorientierte Erweiterung des Logistikzentrums ermöglichte Claas neben zusätzlichem Lagerraum auch eine umfassende Restrukturierung der Lagerprozesse. Die Logistikplanung sieht zukünftige Erweiterungen bereits vor.

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