Modernisierung
Wirtschaftliche Brownfield- und Retrofit-Lösungen
Für den Ausbau und die Erweiterung ihrer bestehenden Logistik-Infrastruktur wurden von Handelsunternehmen lange Zeit primär Greenfield-Lösungen präferiert. Derzeit zeigt sich auf dem Markt aber national wie international die Tendenz, dass Brownfield-Lösungen – die Integration von neuer Technologie in bestehende Gebäude – zunehmend an Attraktivität gewinnen und eine praktikable Ergänzung zur Greenfield-Strategie sind. Wie das gelingen kann, zeigen die Erfahrungen von Witron.
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Brownfield-Lösungen sind in den verschiedensten Formen und Ansätzen möglich. Konkret kann es sich sowohl um Modernisierungen als auch um Erweiterungen von Technik und Bau handeln. In Konsequenz geht es um die Transformation von bis dato manuell genutzten Gebäuden hin zu automatisierten Logistikzentren. Getreu dem Credo "Use your Assets" gibt es viele Faktoren, die dafür sprechen, im Rahmen einer Brownfield-Strategie bestehende Logistik-Strukturen fit für die Zukunft zu machen und so Geld und Zeit zu sparen. Denn die Vorteile einer Brownfield-Strategie sind vielfältig. Folgende Faktoren sind Hinweise darauf:
• Das existierende Verteilzentrum steht bereits am richtigen Standort und ist mit Blick auf Filialen und Lieferanten logistisch sinnvoll in das Retail-Netzwerk integriert mit einer guten Anbindung an das Verkehrswege- und Schienennetz. Die Energie- und Kommunikationsanbindung ist bereits vorhanden und Mitarbeiter kommen schon überwiegend aus der Region – ein enormer Vorteil im Hinblick auf den Erhalt von Know-how, Firmenkultur wie auch Recruiting.
• Neue Flächen für Greenfield-Lösungen sind schwierig zu bekommen, denn neues Bauland wird knapp, da aufgrund der Nachhaltigkeitsstrategie vieler Gemeinden zunehmend weniger Gewerbeflächen ausweisen werden. Im Gegensatz dazu ist das Brownfield-Logistikzentrum bereits vorhanden und verfügt oftmals noch zusätzlich über angrenzende Erweiterungsflächen.
• Neue Gewerbeflächen sowie neue Gebäude sind teuer. Sowohl der Erwerb des Grundstückes, dessen Erschließung als auch die eigentlichen Bauleistungen kosten Geld – zurzeit mit permanent steigenden Grundstücks-, Material- und Handwerkerkosten. Darüber hinaus entfällt eine eventuelle Vermarktung von Bestands-Immobilien komplett.
• Die Errichtung eines Neubaus ist ein Zeitfaktor: Eine Brownfield-Lösung ist schneller nutzbar, da unter anderem die Zeit für die Grundstückssuche, Genehmigungsverfahren, Bauplanung und die Errichtung des Gebäudes entfällt.
• Moderne Technologie in ein bestehendes Gebäude zu implementieren ist wirtschaftlich – sei es durch die Modernisierung der bereits bestehenden Komponenten wie Regalsysteme, Mechanik, Fördertechnik oder SPS und IT oder durch die komplette Integration neuer innovativer Lager- und Kommissionierlösungen. So ergibt sich ein weiterer positiver Kosten- und Zeitfaktor.
• Im Sinne einer ganzheitlichen Nachhaltigkeitsstrategie ist die Weiterverwendung von bestehender Substanz ein entscheidender Faktor, um Flächenversiegelung oder anderweitige Ressourcen-Verschwendung zu vermeiden – ökonomisch, ökologisch und sozial.
Ganzheitliches Umsetzungskonzept notwendig
Um konkret zu prüfen, ob die bestehende Logistik-Immobilie für die zukünftige strategische Ausrichtung geeignet ist, bedarf es zunächst einer gründlichen Analyse sowie eines ganzheitlichen Umsetzungskonzepts. Dieses Konzept sollte die folgenden Punkte miteinbeziehen:
• Die Prüfung der vorhandenen Gebäudestruktur und deren Bausubstanz ist elementar. Je nach Temperaturbereich sollte unter andererm die Bodenbeschaffenheit, die Statik, die lichten Höhen, die technische Gebäudeausrüstung einschließlich der Klimatechnik, und die verfügbaren Gebäudeflächen mit möglichen Erweiterungsflächen geprüft werden.
• Geklärt werden sollte auch, inwieweit bestehende Logistik-Ausstattungen modernisiert werden können oder durch neue Logistik-Technologie ersetzt respektive ergänzt werden sollten. Hierunter fallen zum Beispiel Order-Picking-Machinery (OPM), All-in-One (AIO), Automated Tote System (ATS), Goods To Person (GTP,) Warenausgangs-Puffer, hochdynamische Regalbediengeräte und Fördertechnik.
• Die Planung der Materialfluss-Prozesse: Neben der optimalen Vernetzung aller Logistik-Bereiche und Temperaturzonen müssen ebenso typische Gebäudebelange berücksichtigt werden. Dazu zählen eine gute Zugänglichkeit für die Service- und Wartungsteams, die Reinigung der Anlage, der Brandschutz, Fluchtwege, oder wie die neue Technologie am sinnvollsten physisch in das Gebäude eingebracht werden kann, etwa über das Dach oder durch das Öffnen von Seitenwänden.
• Schließlich den eigentlichen Transformationsprozess, also die Frage, wie die Inbetriebnahmen organisatorisch, terminlich und technisch umgesetzt werden sollte. Dafür braucht es eine ganzheitliche Change-Strategie einschließlich den Einbau- und Modernisierungszyklen, den Rückbauphasen, Übergangskonzepten mit Szenarien für eine temporäre örtliche Verlagerung des bestehenden Geschäftsbetriebs, vorausschauende Ausweich-Szenarien und weitere, ähnliche Punkte. Dabei muss die wichtigste Frage sauber adressiert werden: Auf welche Art und Weise erfolgt während der gesamten Projektlaufzeit die Implementierung des Projektes – und wie erfolgt parallel dazu der laufende Betrieb bzw. die Auslieferung an Filialen und Konsumenten? Je nach Einzelfall bestehen hier unterschiedliche Ansätze, dies praxistauglich entweder am Standort oder im Logistiknetzwerk umzusetzen.
Brownfield-Referenzen weltweit
Mit der Anforderung Brownfield-Lösungen wirtschaftlich mit automatisierter Lager- und Kommissioniertechnologie abzubilden, sind die Witron-Experten vertraut. Das Unternehmen ist weltweit erfahren in der Planung, Realisierung, Wartung und im Anlagenbetrieb für hochdynamische Verteilzentren. Seit Unternehmensgründung vor mehr als 50 Jahren wurden bislang über 2.000 Projekte erfolgreich umgesetzt – darunter speziell für den Lebensmitteleinzelhandel mehr als 100 leistungsstarke Logistikzentren in Europa, Nordamerika und Australien. Gut 30 Prozent davon sind Brownfield-Lösungen.
So hat Coop Norwegen in seinem Multi-Temperatur-Verteilzentrum in Oslo durch die Installation von elf zusätzlichen COM(Case Order Machine)-Maschinen einschließlich der dazugehörigen Infrastruktur wie zusätzliche Palettenlagergassen, Tray-Lagergassen, Regalbediengeräte, Wickler, Depalettierer und Fördertechnik die Leistung seiner bestehenden Anlage im Trocken-, Frische- und Tiefkühlbereich während des laufenden Betriebs um 30 Prozent erhöht und kommissioniert jetzt über 625.000 Handelseinheiten täglich.
Neues Logistiksystem für Migros
Beim Schweizer Handelsunternehmen Migros wurde von Witron am Standort Neuendorf ein komplett neues Logistiksystem in ein operatives Verteilzentrum während des laufenden Betriebes integriert und gemeinsam mit der bestehenden Anlage in ein voll funktionsfähiges Omnichannel-Distributionszentrum transformiert. Hierfür wurden eine hochdynamische automatisierte Case- und Piece-Picking-Lösung (OPM + AIO) installiert sowie bereits bestehende Logistikbereiche (Wareneingang, Warenausgang, E-Commerce-Bereich), Mechanik-Elemente (Hochregallager, Fördertechnik-Strecken), IT- und Materialflussprozesse modernisiert und optimiert. Die Anlage ist zurzeit für eine tägliche Kommissionierleistung von 472.000 Pickeinheiten ausgelegt und beliefert 700 Filialen sowie viele tausend Homeshopping-Kunden in der Schweiz aus einem Sortiment von über 100.000 verschiedenen Artikeln pro Jahr. Integriert in ein bestehendes Gebäude wurde in Neuendorf ebenso ein modernes, vollautomatisiertes Tiefkühllager mit Witron-OPM-Technologie, aus dem täglich 1.400 Filialen mit mehr als 100.000 Pickeinheiten storefriendly beliefert werden. Kommissioniert wird hier sowohl auf Paletten als auch auf Rollcontainer.
Weiterhin hat Migros am Standort Suhr in einem bestehenden Gebäude eine rein manuelle Convenience-Lösung durch ein hochautomatisiertes Witron-System (OPM, DPS, ATS) ersetzt, um Ware sowohl auf Paletten, Rollcontainer und in Behälter zu schlichten. Vorausgegangen war die Modernisierung der Trockensortiments-Logistik, wofür im Rahmen des Projektes "Future COM" ein vollautomatisches Kommissioniersystem mit 28 COM-Maschinen auf das Dach des bestehenden Verteilzentrums montiert wurde. Eine sowohl technologische als auch architektonische Herausforderung. In Summe beliefert der Standort jetzt täglich 600 Filialen sowie 300 Shops in Kiosken oder Tankstellen mit mehr als 430.000 Pickeinheiten.
Beim spanischen Omnichannel-Händler Condis wird im Logistikzentrum in Montcada ein Witron-OPM-System über ein bestehendes manuelles Hochregallager mit Ware versorgt. Auch französische Lebensmitteleinzelhändler wie beispielsweise Diapar, E.Leclerc und Intermarché setzen auf die Witron-Brownfield-Erfahrung. In Nordamerika wurden unter anderem für Kunden wie Albertsons, Kroger und Sobeys wirtschaftliche Lösungen ganzheitlich in die bestehende Gebäudestruktur integriert.
Dieser Artikel erschien in der Ausgabe 7/23