Flurförderzeuge
Baukasten für AMR
Autonome mobile Roboter (AMR) spielen eine große Rolle bei der Automatisierung von Prozessen in der Produktions- und Intralogistik. Im Rahmen der Lean Production befasst sich auch Item mit dem Einsatz von AMR. Im Vordergrund steht die Verbindung der Robotertechnologie mit Komponenten aus dem Systembaukasten. Item entwickelte ein standardisiertes System zum Materialtransport. Dieses lässt sich je nach Anforderung individuell anpassen.
AMR sind im Trend. Sie bewegen sich selbstständig durch das Lager und die Fertigung, können eigenständig Hindernisse umfahren und sind im Gegensatz zu fahrerlosen Transportfahrzeugen (FTS) nicht auf vorgegebene Pfadplanungen und Spuren angewiesen. Werden AMR zum Transport von Waren eingesetzt, können sie den Wertschöpfungsprozess deutlich optimieren. Dieses Ziel vor Augen, erprobte Item im eigenen Lager den Einsatz von AMR und entwickelte dazu spezielle Aufbauten.
Mithilfe autonomer mobiler Roboter des dänischen Unternehmens Mobile Industrial Robots sollten Transportprozesse bei Item automatisiert werden. Denn im europäischen Logistikzentrum in Piepersberg werden mehrmals täglich lange Strecken zurückgelegt, um Kleinteile in Kleinladungsträgern (KLT), in Gitterboxen und auf Paletten zu transportieren. Schließlich besteht der Komplex aus elf Hallen und ist 225 Meter lang. Diese Transporte erfolgten bisher mit Gabelstaplern und Hubwagen, die manuell bedient wurden. Zahlreiche Mitarbeiter mussten die ihnen eigentlich zugeordneten Aufgaben ruhen lassen, weil sie mit dem Transport der Komponenten beschäftigt waren. Eine Lösung wurde gesucht, um den gesamten Transportvorgang effizienter zu gestalten.
Man entschied sich für den Einsatz des autonomen mobilen Roboters MiR250. Er kann mit seiner kleinen Grundfläche von 580 mal 800 Millimeter und einer Höhe von 300 Millimeter ein Gewicht von 250 Kilogramm mit einer Geschwindigkeit von 2 Meter pro Sekunde transportieren. Im Sinne des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses (KVP) als Kernelement der Lean-Philosophie entwickelte das Team um Produktentwickler und Innovationsmanager Przemyslaw Krzysztyniak ein Grundgestell (Base Carrier) für diesen Robotertyp. Es besteht aus Aluminiumprofilen von Item mit entsprechenden Verbindern und ist rollbar. Der MiR250 dockt einfach an das Grundgestell an und bewegt es zu dem gewünschten Zielort. Das Gestell lässt sich schnell und unkompliziert mit Paletten oder Gitterboxen beladen. Darüber hinaus ist es möglich, mit wenigen Griffen ein Standardregal auf dem Grundgestell zu befestigen und damit mehrere KLT zu transportieren.
Standardkonstruktion, die sich individuell verändern lässt
Das Grundgestell hat die Abmaße 1.200 mal 800 Millimeter und wurde damit an die Maße von EU-Paletten, Gitterboxen und Item-Regalen angepasst. An den vier Ecken befinden sich jeweils zwei Stapelführungen und Abdeckprofile, um eine schnelle und komfortable Positionierung von Paletten und Gitterboxen zu ermöglichen. Die Behälter können nicht verrutschen und gewährleisten somit einen sicheren Transport der Waren und Komponenten. Sollen mehrere KLTs transportiert werden, wird das Grundgestell mit einem Regal ausgestattet, das nach der Positionierung sofort genutzt werden kann. Aufwändige Verschraubungen oder andere Montageprozesse entfallen. Je nach Bedarf kann der Anwender somit auch schnell und komfortabel zwischen verschiedenen Behältern und dem Regal wechseln. Das Standardregal ist 1.350 Millimeter lang, 950 Millimeter breit und 1.650 Millimeter hoch.
Zwei Regalebenen lassen sich mit bis zu acht KLT bestücken. Dazu wurden entsprechende Rollenbahnen integriert, die eine einfache Platzierung der Behälter ermöglichen. Auf der obersten Ebene des Regals sind in der Standardversion mehrere Greifschalen angebracht. Bei weiteren Varianten des Regals wurden die Rollenbahnen ersetzt, um beispielsweise Kartonagen einfach transportieren zu können. Auch ist es möglich, die Rollenbahnen gegen Flächen auszutauschen, um so ein reguläres Regalgestell zu erhalten. "Damit bieten wir ein Standardregal in drei verschiedenen Ausführungen mit jeweils den gleichen Abmaßen", sagt Przemyslaw Krzysztyniak, Projektleiter und Systementwickler von Item. "Kunden können auf diese vorkonfigurierten Systeme zurückgreifen und damit einen Großteil an Behältern schnell und unkompliziert transportieren."
Die Grundgestelle und die Standardregale bestehen aus Komponenten des Item-Systembaukastens. Die Regale und Aufbauten können aufgrund der modularen Bauweise flexibel modifiziert werden. Als Konstruktionsplattform dient dabei das Item-Engineeringtool. Um die Standardlösungen zu verändern, werden sie einfach in dem intuitiv zu bedienenden Online-Tool aufgerufen und angepasst oder erweitert. Somit sind sie entsprechend den jeweiligen Anforderungen adaptierbar. Beispielsweise kann der Nutzer die Profile austauschen und damit an das Gewicht des Transportguts anpassen.
Leichte Profile sind vor allem beim Transport von Kartons oder KLTs geeignet, besonders belastbare Profile sind ideal für den Transport von Gitterboxen mit schwerer Ladung einsetzbar. Zusätzlich lassen sich weitere Rollenbahnen oder andere Komponenten aus dem Systembaukasten einfügen. Kunden haben somit verschiedene Optionen: Sie können die standardisierten Aufbauten direkt bei Item bestellen und erhalten damit bereits eine vielfältig einsetzbare Transportlösung für ihre AMR, oder sie nehmen die Standardlösungen als Basis für eine individuelle Konstruktion, die sie mithilfe des Engineeringtools erstellen. Auch diese kann direkt bestellt werden und ist innerhalb weniger Tage lieferbar.
Automatisierter Transport entlastet Mitarbeiter
Welche Ergebnisse erzielte Item durch den Einsatz des AMR in Verbindung mit den standardisierten Aufbauten? Die Intralogistikprozesse konnten teilweise automatisiert und Mitarbeiter deutlich entlastet werden. Sie beladen die verschiedenen Ebenen des rollbaren Regals jetzt an speziell konfigurierten Übergabestationen – alles ergonomisch optimiert. Der MiR250 fährt anschließend unter das Regal, dockt an und bringt das Gestell samt Material an die vorgesehene Parkposition, die sich 280 Meter entfernt befindet. Dort koppelt er ab und fährt zu einer anderen Station, um ein leeres Regal abzuholen, das zum Ausgangspunkt zurücktransportiert und dort wieder befüllt wird. Zusätzlich übernimmt der AMR den Transport von Paketen, die für den Versand bestimmt sind. Diese werden in Gitterboxen oder auf Paletten von A nach B bewegt. "In diese Transportvorgänge waren früher mehrere Mitarbeiter eingebunden, die quasi nebenher den Gabelstapler gefahren oder Hubwagen bedient haben. Nun erledigt der AMR den kompletten Transport", so Przemyslaw Krzysztyniak. "Durch diese Teilautomatisierung sparen wir viel Zeit: Beispielsweise dauerte eine einzige Fahrt mit dem Gabelstapler von der einen zur anderen Halle schon mal 10 Minuten. Diese Fahrten fanden mehrmals am Tag statt. Nun übernimmt der MiR250 diese Transportprozesse und die Kollegen können wieder ihrer eigentlichen Arbeit nachgehen."
Kosten senken und Prozesseffizienz erhöhen
Unterschiedliche Transportprozesse lassen sich mit einem einzigen AMR realisieren. Der Roboter ist sehr flexibel einsetzbar und kann sich schnell an veränderte Umgebungen und Produktionsanforderungen anpassen. Ein weiterer Pluspunkt: Durch den Einsatz des AMR können Kosten eingespart werden. Betrachtet man die Total Cost of Ownership eines Gabelstaplers, nehmen die Anschaffungskosten nur einen geringen Anteil von 10 Prozent ein. Rund 80 Prozent betragen die Personalkosten. Diese fallen beim AMR komplett weg. Auch sind die Energiekosten eines AMR verhältnismäßig gering. Im Ergebnis bringt der Einsatz eines AMR in Verbindung mit den Item-Aufbauten also zahlreiche Vorteile. Der manuelle Materialtransport ist dagegen häufig ineffizient und vor allem hinsichtlich der sich immer weiter zuspitzenden Arbeitsmarktlage künftig auch keine Option mehr. Derzeit befasst sich das Team um Przemyslaw Krzysztyniak mit einer einfachen Automatisierung von Transportabläufen durch den Einsatz von Shootern und einer ergonomischen Lösung zum Befüllen der Gitterboxen. "Wir entwickeln unsere Produkte in einem iterativen Prozess", berichtet der Systementwickler. "KVP-Methoden und andere Lean-Werkzeuge helfen uns dabei, intralogistische Abläufe weiter zu optimieren, um so die Marktanforderungen optimal erfüllen zu können."
Dieser Artikel erschien in der Ausgabe 7/23