Krane & Komponenten
Königsdisziplin: Wenden um 180 Grad
Die FCMD GmbH setzt am Standort Hattingen einen Demag Prozesskran ein, der bis zu 160 Tonnen schwere Großzahnräder und andere Antriebskomponenten mit höchster Präzision hebt, transportiert und wendet. Der Kran beschickt ein Großbearbeitungszentrum, das weltweit einzigartig ist. In der modernen Getriebefertigung sind kurze Takt- und Durchlaufzeiten erwünscht: Zahnräder und andere Komponenten der Antriebstechnik sollen möglichst schnell, mit wenigen Aufspannungen und Arbeitsschritten, bearbeitet werden. In der Produktion der FCMD GmbH in Hattingen hingegen gilt eine Durchlaufzeit von sechs Wochen für ein einziges Zahnrad schon als kurz. Der Grund: FCMD, ein Unternehmen der französischen Groupe CIF, stellt in Hattingen Großzahnräder her, die bis zu 160 Tonnen wiegen und überwiegend im Großanlagenbau zum Einsatz kommen. Für die Bearbeitung der großen Antriebselemente werden mehrere tausend Stunden veranschlagt. Auf dem Werkzeugtisch im Bearbeitungszentrum könnte bequem ein ganzes Haus Platz finden, denn er ist für die Aufnahme von Werkstücken geeignet, die maximal 16 Meter Durchmesser haben und sechs Meter hoch sind.
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Bearbeitungszentrum der Superlative

Die VBCM 16 – die Abkürzung steht für Vertical Boring and Cutting Machine – arbeitet mit extrem hoher Präzision. Sie übernimmt nicht nur die üblichen Bearbeitungsgänge wie Drehen, Fräsen und Bohren, sondern auch die Verzahnung und das Schleifen der Zahnflanken. Dr. Matthias Menges, Geschäftsleiter der FCMD GmbH: „Die VBCM 16 gehört in die Reihe der größten Bearbeitungszentren der Welt. Was sie aber einzigartig macht, ist ihre Kombination von Größe, Präzision und Vielfalt der Bearbeitungsverfahren, die in einer einzigen Aufspannung erledigt werden können.“
Möglichst ohne Schwingungen
Nicht nur das Bearbeiten, auch das hoch präzise Handling von derart großen Antriebskomponenten stellt den Hersteller vor echte Herausforderungen – zumal die rotationssymmetrischen Komponenten im Laufe des Produktionsprozesses auch gedreht und von der anderen Seite bearbeitet werden müssen. Michael Hornecker, Technischer Leiter der FCMD GmbH: „Für den innerbetrieblichen Transport unserer Bauteile kam nur ein Laufkran infrage, der oberhalb des Bearbeitungszentrums verfährt und keine Bodenfläche beansprucht. Wir benötigten zudem einen Kran, der 160 Tonnen schwere und 16 Meter breite Bauteile schwingungsfrei und mit extremer Genauigkeit aufnehmen und positionieren kann. Und der Kran muss außerdem in der Lage sein, die schweren Bauteile innerhalb der Prozessbearbeitung um 180 Grad zu wenden.“ Dieses Eigenschaftsprofil erfüllen nur Prozesskrane, und einen solchen projektierten die Ingenieure von Terex Material Handling.
Der Demag Zweiträger-Laufkran mit einem Spurmittenmaß von 29 Metern ist für eine Maximallast von 160 Tonnen ausgelegt. Er verfügt über zwei Katzen, die mit jeweils einem Demag MultiPurpose-Windwerk (MPW) ausgestattet sind. Der Haupthub verfügt über 160 Tonnen Tragfähigkeit, das zweite Windwerk ist für 80 Tonnen Traglast ausgelegt. Zusätzlich wurde ein 10 Tonnen-Hilfshubwerk montiert, das aufgrund seiner schnelleren Hubgeschwindigkeit und des geringeren Hakenmaßes für Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten an der Maschine eingesetzt wird. Die Hubgeschwindigkeiten der Windwerke arbeiten lastabhängig: bis 100 Tonnen mit 4,2 m/min, unter Volllast mit bis zu 2,7 m/min.
Präzision und Feinfühligkeit
Höhere Arbeitsgeschwindigkeiten der Kranantriebe spielten bei der Auslegung keine Rolle. Umso wichtiger aber ist die Präzision, mit der der Prozesskran arbeitet. Der Stahlbau der Kranbrücke ist aus diesem Grunde verstärkt ausgeführt: So darf sich die Durchbiegung der Kranbrücken beim Heben und Senken schwerer Lasten nur in engsten Grenzen bewegen, um das Entstehen von Eigenschwingungen gering zu halten. Nach dieser Maßgabe wurden die beiden parallelen Kranbrücken ausgelegt, um die Durchbiegung und Schwingungsfrequenzen auf ein Minimum zu reduzieren und ein günstiges Abklingverhalten zu erreichen.
Mindestens ebenso bedeutsam ist die feinfühlige Bedienung des Krans über die Funksteuerung. Um dies zu gewährleisten, sind alle Kranantriebe drehzahlgeregelt. Die Drehzahlregelung schafft – in Kombination mit der übergeordneten SPS als Gesamtsteuerung – die Voraussetzung für eine Gleichlaufregelung beim Betrieb beider Hubwerke.

Die „Königsdisziplin“ dieses Prozesskrans bildet das Wenden der groß dimensionierten Komponenten. Michael Hornecker: „Jedes Bauteil muss im Laufe des Bearbeitungsprozesses einmal gedreht werden – und zwar so, dass wir das Gewicht immer unter voller Kontrolle haben.“
Dabei ist das präzise Zusammenspiel der einzelnen Antriebe von größter Bedeutung. Die Last wird mit beiden Hubwerken aufgenommen und synchron angehoben. Dazu fahren die beiden Katzen so nah wie möglich zusammen. Während das 160-Tonnen-Windwerk das Werkstück anhebt, senkt das 80-Tonnen-Windwerk die Last ab. Auch hier müssen die beiden Windwerke in perfekter Synchronisation arbeiten, wenn auch gegenläufig statt parallel. Die 80-Tonnen-Katze ist dabei für einen Schrägzug bis zu 11 Grad ausgelegt. Befindet sich das Werkstück in der Senkrechtstellung wird der Haken des 80-Tonners ausgeklinkt, das Werkstück um die Längsachse gedreht und der Vorgang in umgekehrter Reihenfolge wiederholt. Sobald die waagerechte Lage erreicht ist, kann das Werkstück sanft auf dem Werkzeugtisch abgesetzt werden, so dass eine Bearbeitung der Gegenseite möglich ist.
Der Demag Prozesskran bewährt sich im Fertigungsablauf von FCMD. Bernd Hellmann, Schichtleiter der VBCM 16, zieht nach den ersten Monaten eine positive Zwischenbilanz: „Die Installation hat reibungslos funktioniert und der Kran erfüllt alle unsere Anforderungen: Er erlaubt das präzise Last-Handling unserer empfindlichen und sehr schweren Bauteile, und die Großzahnräder und andere Komponenten lassen sich wie gefordert sicher wenden.“
Christoph Kreutzenbeck
Kontakt:
FCMD GmbH D-45527 Hattingen Tel.: 0 23 24 / 6 86 52-0 E-Mail:
Terex MHPS GmbH D-40570 Düsseldorf Tel.: 02 11 / 71 02-0 E-Mail: [email protected] www.terexmhps.com