Kooperation zwischen SAP und Telekom
Gemeinsame IoT-Schnittstelle vereinfacht Anwendungen
SAP und Telekom verbinden ihre cloud-basierten Plattformen für vernetzte Geräte und Sensoren. IoT-Daten lassen sich damit nahtlos in SAP-Systeme einbinden und Materialbewegungen in Echtzeit verfolgen.
Die Lampenfassungen reichen nur noch für die nächsten zwei Stunden und auch die Schalthebel gehen bald zu Neige: Stellen die Monteure im BMW-Werk in Leipzig fest, dass die von ihnen benötigten Materialien knapp werden, müssen sie fürs Nachbestellen weder zum Telefon greifen noch ihren Arbeitsplatz verlassen – sie drücken einfach auf einen Knopf, und der Nachschub ist sichergestellt. Just in time und exakt in der benötigten Menge. Denn der kleine, intelligente Knopf verbindet sich über NarrowBand IoT – eine Funktechnologie für das Internet der Dinge – automatisch mit der Cloud der Dinge. Die auf diesem Wege generierten Daten lassen sich direkt weiterverarbeiten – etwa in SAP-Systemen. Entwickelt hat den IoT Servicebutton die Deutsche Telekom mit dem Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik (IML) in Dortmund. Hat der Monteur den Knopf gedrückt, sehen die Kollegen im Lager sofort, was fehlt, beladen die Gabelstapler, fahren zum Fließband und füllen die bestellten Materialien auf.
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Einfach effizienter arbeiten – im Internet der Dinge
Produktions- und Geschäftsprozesse zu optimieren – ein Ziel, das Unternehmen aller Branchen und Größe dauerhaft verfolgen. Und dabei zunehmend auf das Internet der Dinge (englisch: Internet of Things, IoT) bauen. Nach Ergebnissen einer Trendstudie des Beratungsunternehmens PAC setzen bereits 60 Prozent der kleinen und mittleren Unternehmen IoT-Lösungen ein, um ihre Maschinen, Fahrzeuge und Anlagen mit Sensoren zu überwachen und zu steuern – von zu Datenanalysen über digitale Services bis hin zu komplett digitalen Geschäftsmodellen.
Bei all diesen Anwendungsszenarien stehen Unternehmen vor der Herausforderung, Geräte, Maschinen, Sensoren und IT-Systeme über Schnittstellen miteinander zu verbinden und alle anfallenden Daten aufeinander abzustimmen. Eine immer aufwändigere Aufgabe: Die Analysten von Juniper Research gehen bis zum Jahr 2022 von mehr als 50 Milliarden an das IoT angeschlossene Sensoren und Geräten aus – das sind mehr als doppelt so viele wie heute. Damit steigen auch die Anforderungen an betriebsinterne Prozesse wie Enterprise Resource Planning (ERP), Warehouse Management (WM) und Supply Chain Management (SCM), die es mit den IoT-Anwendungen zu kombinieren gilt.
Wie kann ich Clouds optimal verzahnen?
Um bestehende IT-Anwendungen mit neuen IoT-Technologien optimal zu verzahnen, haben SAP und die Deutsche Telekom eine Schnittstelle entwickelt: den Cloud-2-Cloud Connector (C2C). Er verbindet die Telekom Cloud of Things mit der SAP-Cloud, indem er Hardware, Sensordaten, Plattformen und SAP-Landschaft miteinander kombiniert. So lassen sich Live-Daten aus der Telekom-Cloud direkt in SAP-Anwendungen integrieren. Die Informationen der IoT-Anwendungen landen zunächst als Rohdaten in der Telekom Cloud of Things. Dort filtert der C2C-Connector sie nach individuell definierten Parametern.
Die erste Anwendung der gemeinsamen IoT-Schnittstelle war ein Telematik-Modul für die Logistik. Es erkennt durch den durchgängigen Datenaustausch, wo sich Güter befinden und mit welcher Geschwindigkeit sie transportiert werden. Außerdem registriert es Erschütterungen und Temperaturschwankungen – höchst relevante Informationen etwa für einen Automobilhersteller, wenn es darum geht, nach dem Transport von Ersatzteilen etwaige Fragen zu Gewährleistung zu klären. Oder ein wertvoller Hinweis für Spediteure und Produzenten auf die Frage, wie zuverlässig die Kühlkette funktionierte beim Transport von Lebensmitteln. Über die Cloud-Schnittstelle werden alle relevanten Informationen in die SAP-Systeme der Kunden integriert.
Automatisierte Verarbeitung dank SAP S4/HANA
Die performante Architektur von S/4HANA erlaubt die automatisierte Verarbeitung von Echtzeitdaten und stetig wachsender Datenmengen. Dafür nutzt die vierte ERP-Produktgeneration von SAP die In-Memory-Technologie, bei der Daten direkt im Arbeitsspeicher statt auf Festplatten abgelegt werden. Da sie nicht mehr aggregiert werden müssen, lassen sie sich sofort verarbeiten. Anwender können auf dieser Basis schneller auf Abweichungen, Schwankungen oder Ausfälle reagieren. Sämtliche Prozesse laufen automatisiert und vereinfacht ab, das macht die Bearbeitung der Daten hocheffizient.
Echtzeitdaten in SAP-Landschaft integrieren
Über ihre IoT-Plattform stellt die Deutsche Telekom eine breite Produktpalette zur Verfügung. Die Cloud-Experten konfigurieren und implementieren die einzelnen IoT-Komponenten in bestehende SAP-Strukturen der Kunden. In der Praxis sieht das so aus, dass Anwender in ihrer gewohnten SAP-Umgebung arbeiten, während die Echtzeitdaten über die standardisierte Open-Data-Schnittstelle in Anwendungen wie SAP Global Track and Trace, SAP Connected Goods oder SAP Vehicle Insights zusammenfließen. Sämtliche Echtzeitdaten sammelt die Deutsche Telekom über eigene Mobilfunknetze und die ihrer Netzpartner, das gewährleistet Schutz und Sicherheit sowie eine globale Konnektivität
Mit der Ende-zu-Ende-Lösung von SAP und Deutscher Telekom starten Anwender dann beispielsweise automatisch den ERP-Rechnungslauf, wenn der Transporter mit der Lieferung vom Hof fährt. Leert sich ein Rohstoffsilo, bestellt das System nach. Unternehmen steuern ihre Fahrzeugflotte effizienter und kostengünstiger, sie behalten die Transportwege stets im Blick und können Ausweichrouten in Echtzeit planen, um Lieferungen termingerecht zuzustellen. Durch die höhere Prozessgenauigkeit steigt auch die Kundenzufriedenheit. Gleichzeitig können Unternehmen dank Echtzeitdaten Pakete oder ganze Fahrzeuge besser vor Diebstahl schützen. Allein in Deutschland werden nach Angaben des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft alle 20 Minuten Transportgüter oder -fahrzeuge gestohlen.
Echtzeitdaten live verfolgen
Noch einen Schritt weiter geht die Pairing App, die kürzlich im Rahmen eines gemeinsam mit SAP veranstalteten Hackathons prämiert wurde: Über diese Lösung können Unternehmen per QR-Scan Aufträge und Sensoren mit ihrem SAP-System koppeln und entkoppeln. Die App ist in die SAP-Cloud eingebunden, der Server kann sofort die IDs überprüfen und die Anfrage gleich der richtigen Stelle im System zuordnen. Auf seinem Dashboard sieht der Anwender alle aktuellen und zurückliegenden gekoppelten Aufträge und Sensoren und kann Live-Daten, etwa den Standort oder die Temperatur, verfolgen. Auch relevante Daten aus dem ERP- und IoT-System bezieht die App ein – ganz ohne menschliches Zutun.
Vom smarten Button zum digitalen Etikett
Auch die Monteure im BMW-Werk Leipzig müssten sich nicht mehr selbst um den Materialnachschub kümmern – wenn dort statt des smarten Buttons ein digitales Etikett eingesetzt würde: Anders als beim IoT Service Button muss der Mensch bei dieser digitalen Lösung nämlich nicht mehr selbst eingreifen: Im Display dieses Etiketts zur Warenverfolgung sind ein GPS-Empfänger sowie verschiedene Sensoren integriert, bis zu 1.000 Dokumente lassen sich hier speichern. Der Clou: Anhand der geographischen Daten blendet es unterschiedliche Dokumente ein. Durchläuft die Fracht mehrere Länder, zeigt das smarte Display die Papiere automatisch an – und das immer in der jeweiligen Landesprache.
Die Autoren
Henning Neuse, Business Owner Cloud of Things - T-Systems International GmbH
Henning Neuse verantwortet seit Mai 2018 als Produkt-Manager die IoT-Plattform Cloud of Things der Deutschen Telekom. Sein Schwerpunkt liegt dabei im Connected Things-Management. Als Mediator und Entscheider schafft er seit 25 Jahren Schnittstellen zwischen kaufmännischen Ideen und IT-Lösungen.
Sebastian Berg, IT-Architekt - T-Systems International GmbH
Der IT-Architekt arbeitet seit zehn Jahren bei der T-Systems International GmbH. Zuvor war er langjährig als technischer Projektleiter und Softwareentwickler tätig. Für die Bereiche SAP Fiori, OData und SAP Cloud entwickelt er innovative Lösungen in der Schnittstelle zu SAP-Anwendungen, um IoT- und Cloud-gestützte Prozesse besser zu verzahnen.